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Konsens der Flughafengeplagten: Protest kann man am ehesten bei der AfD oder bei den freien Wählervereinigungen abladen.

© dpa

Landtagswahl in Brandenburg: Aus Protest über den BER zur AfD und zu den Freien Wählern

Rund um den Schönefelder Flughafen hätten viele Bürger Grund, der Politik zu zürnen. Doch kaum einer gibt zu, dass ihn der Lärm, die Finanzen oder die Routen zum Protestwähler machen.

Alles noch erträglich: Der silberfarbene Jet schwebt fast geräuschlos durch den grauen Himmel, schwebt und sinkt, und erst als er das Fahrwerk ausfährt, um auf dem Flughafen Schönefeld bei Berlin zu landen, muss man in der Anliegergemeinde Blankenfelde-Mahlow um die Gesprächskultur fürchten. Jetzt wird der Flieger laut und unangenehm, jetzt übertönt er alles andere, jetzt nervt er richtig. Dann ist er weg, in Schönefeld gelandet.

Am Himmel über Blankenfelde-Mahlow ist an diesem Sonntagmittag nicht viel Betrieb, und vielleicht erklärt das, warum so viele von denen, die gerade in die Wahllokale gehen, in ihrem Urteil über die Flughafenpolitik der Brandenburger Landesregierung eher unentschieden sind. Kaum einer sagt im Gespräch vor dem Wahllokal, dass Fluglärm und mangelnder Lärmschutz, unklare Flugrouten oder gar die Kreditbedürftigkeit des Noch-immer-nicht-fertig-Airports seine Wahlentscheidung direkt beeinflusst haben, in Richtung Protest.

Vor allem die Piraten haben in der Wahlwerbung dazu eingeladen. Ihr Kandidat verlangt ein Nachtflugverbot. Doch die Leute, die im Wahllokal in der Kindertagesstätte an der Berliner Straße wählen gehen, sehen die Flughafen-Problematik gelassen, zucken mit den Schultern und sagen – wie etwa ein alter Mann in Lederjacke: „Ich wähle immer die Gleichen.“

Aus Protest für die AfD oder die freien Wählervereinigungen

Im „Wohnpark“ gegenüber der Kita wohnen junge Paare mit Kindern und Alte, die am Stock gehen. „Mich stört der BER nicht“, sagt einer, bevor der sich samt Stock aufs Fahrrad hievt. Bisher passiert halt noch nicht viel am BER – außer die finalen Rennen der Rad-Bundesliga, die ausgerechnet am Sonntag das leere Flugfeld einer kurzzeitigen Nutzung zuführten.

Nur ein junger Mann vor einem Wahllokal gibt zu, dass die Unabsehbarkeit der Flughafenschulden ihn zum Protestwähler gemacht haben. Ihn ärgere das „Versagen“ der Politik, sagt er. Was hätte man mit den 2,5 Milliarden Euro, die der BER jetzt schon zusätzlich gebraucht hat, alles bezahlen können... Ist er aus Protest für die Piraten? Bei ihm gehe das eher in die andere Richtung, sagt er – zur AfD.

Wenn es überhaupt so etwas wie einen Konsens der Flughafengeplagten gibt, dann der: Protest und Groll kann man am ehesten bei der AfD oder bei den freien Wählervereinigungen abladen, beim Bürgerbündnis zum Beispiel. Noch etwas näher am westlichen Flughafenrand, vor dem Wahllokal in einem Altenheim an der Arnold-Böcklin-Straße, wächst der Groll mit dem Lärm landender Flugzeuge. Eine Familie, Vater, Mutter, großer Sohn, bekennt sich kollektiv zum Protestwahlverhalten. Schon jetzt sei der Lärm viel stärker geworden, berichtet sie, und er spricht von der „Riesensauerei“ mit den immer neuen Kreditnotwendigkeiten. Er könne doch als Hausbauer auch nicht ständig frisches Geld von der Bank verlangen, schimpft er.

Eine junge Frau erzählt, ihre Familie habe vor zwei Jahren hier gebaut, doch der Lärm sei schlimmer, als sie erwartet habe. Sie werde abwarten, wie sich der Flugbetrieb entwickelt, und dann womöglich wegziehen. Ihre Wahlentscheidung aber sei davon unbeeinflusst. Dass die Grundstückspreise in Blankenfelde-Mahlow nicht gefallen, sondern eher gestiegen sind, bestätigen auch andere. Ein mittelalter Mann sagt ganz trocken, mit dem Flughafen könne und müsse man leben – auch wenn man zeitweise die eigene Terrasse nicht mehr nutzen könne.

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