zum Hauptinhalt
Duell im Bundestag: Der Kanzlerkandidat der SPD im Direktvergleich mit Angela Merkel.

© dpa

Merkel vs. Steinbrück: Außen hart und innen ganz weich

Es wird kein einfacher Wahlkampf für den Herausforderer Peer Steinbrück. In der Europapolitik kann er Angela Merkel kaum übertrumpfen. Doch innenpolitisch hat die Koalition dem SPD-Kandidaten ein paar Joker geschenkt.

Von Antje Sirleschtov

Wenn noch jemand eine Antwort auf die Frage vermisst haben sollte, warum Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier nicht um das Vorrecht gerungen haben, ihre SPD 2013 in den Kampf gegen die Regierung Merkel zu führen, warum also Peer Steinbrück sozusagen ein übrig gebliebener Kanzlerkandidat ist: Nach der Bundestagsdebatte am gestrigen Donnerstag konnte man Antworten darauf zumindest erahnen. Ja, diese Kanzlerin hat bei der Rettung des Euro oft die Richtung gewechselt, mehrfach ihre eigenen roten Linien überschritten und lange Zeit das Gefühl vermittelt, Europa habe für sie vor allem einen ökonomischen Wert. Und: Ja, Merkels schwarz-gelbe Regierungskoalition hat auch sonst ein eher jämmerliches Bild abgegeben. Und dennoch wird es kein einfacher Wahlkampf für die Sozialdemokratie und für den Herausforderer Peer Steinbrück werden.

In Europas Zukunft und Währung jedenfalls wird er in der Auseinandersetzung mit Merkel nicht sehr viel nahrhaftes Futter finden. Zwar wollen die meisten Deutschen gute und mit ihren Nachbarn solidarische Europäer sein, weshalb es ihnen auch peinlich ist, ihre Regierungschefin von griechischen Demonstranten in Nazimontur verunglimpft zu sehen. Aber am Ende ist doch der Blick aufs eigene Konto entscheidend. Und wenn das eigene Haben von Euro-Bonds und der Haftung für korrupte südeuropäische Schurken bedroht ist, dann hört der Spaß auf. Merkel, das muss man konzedieren, versteht es, den Deutschen das Gefühl zu geben, sie würde eher ihr Häuschen in der Uckermark als das Geld ihrer Landsleute aufs Spiel setzen. Für Peer Steinbrück ist in einer europapolitischen Wahlkampfschlacht kein Blumentopf zu gewinnen.

Anders hingegen sieht es in der Innenpolitik aus, wo sich Alternativen zur schwarz-gelben Politik eröffnen. Steinbrück muss dabei nicht einmal die soziale Gerechtigkeit vor sich hertragen. Es genügt schon der Blick ins alltägliche schwarz-gelbe Handeln und die Frage, für wen Union und FDP eigentlich Politik machen. Waren es die Ärmsten im Land, Familien mit Kindern und Arbeitnehmer oder eher Unternehmer, Investoren und Selbstständige?

Erstere waren nicht die Adressaten schwarz-gelber Politik. Die Mieten steigen, das Bildungspaket der Sozialministerin für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern ist gefloppt und die Schere zwischen Oben und Unten hat sich in Merkels Regierungszeit weiter geöffnet, ohne dass sich die Aufstiegschancen spürbar verbessert hätten. Was notgetan hätte, Mindestlöhne etwa oder eine Bildungsoffensive, die den Namen verdient, ist mal mehr, mal weniger glaubwürdiges Bekenntnis geblieben oder wird durch den Dauerzwist der Koalitionäre behindert.

Nun wäre das nicht so tragisch, würden wenigstens Fachkräfte, Handwerker und Unternehmer, die berühmte Mittelschicht also, von vier schwarz-gelben Regierungsjahren profitieren. Doch anstelle von Entlastungen oder Strukturreformen, die das Geldverdienen leichter machen, fühlt sich die Mitte der Gesellschaft von Kostensteigerungen durch eine Energiewende bedroht. Ein glaubwürdiges Konzept für Abhilfe ist nicht in Sicht. Das Betreuungsgeld, das teuer ist und die Gesellschaft nicht voranbringt, und der Erlass von 40 Euro Praxisgebühr im Jahr – das sind die zweifelhaften Segnungen, mit denen Union und FDP in das Wahljahr starten wollen. Und es sind die Themen, an denen Steinbrück sie packen kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false