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Syrien: Ankara: Syrien hat weiteres Flugzeug beschossen

Im Konflikt um den Abschuss eines Jets ist nun von einem zweiten abgeschossenen Flugzeug die Rede. Es zeigt sich: Genaue, objektive Informationen über Ereignisse in Syrien sind schwer zu bekommen. Welchen Quellen kann man trauen?

Syrien hat nach Angaben des türkischen Vize-Regierungschefs Bülent Arinc ein weiteres türkisches Flugzeug beschossen. In Istanbul sagte Arinc am Montag, dass nach dem Abschuss des „Phantom“-Kampfjets am Freitag auch ein türkisches Suchflugzeug unter Beschuss geraten sei. Die Besatzung der Maschine habe nach den beiden Piloten der türkischen „Phantom“ gesucht. Das Außenministerium und der Generalstab hätten Syrien aufgefordert, die „Störung“ der Mission sofort zu beenden.

Arinc warf Syrien vor, den Jet „absichtlich“ abgeschossen zu haben. „Ein Flugzeug in dieser Art als Ziel anzuvisieren, ohne Vorwarnung, ist ein in höchstem Maße feindlicher Akt“, sagte er nach einer siebenstündigen Kabinettssitzung. Es bestehe „kein Zweifel“, dass Syrien „absichtlich“ auf das Flugzeug „im internationalen Luftraum“ gezielt habe. Der Türkei zufolge war der unbewaffneter Jet am Freitag während einer Übungsmission kurzzeitig in syrischen Luftraum eingedrungen. Syrien widersprach der türkischen Darstellung, wonach der Abschuss im internationalen Luftraum erfolgt sei.

Arinc betonte, sein Land habe keine kriegerischen Absichten gegenüber dem Nachbarland. „Was immer getan werden muss, wird mit Sicherheit innerhalb des Rahmens des internationalen Rechts getan werden“, sagte er. „Wir haben nicht die Absicht, gegen irgendjemanden in den Krieg zu ziehen.“ Sein Land wolle aber auf der Sondersitzung der Nato an diesem Dienstag darauf dringen, den Abschuss als Angriff auf das Militärbündnis zu werten.

Die Türkei schaltet den UN-Sicherheitsrat ein:

Was die Mission des türkischen Kampfjets war und warum Syrien ihn abgeschossen hat, bleibt wohl ein Geheimnis der Militärs beider Seiten. Doch auch die exakten Entwicklungen in Syrien sind schwer zu beurteilen, weil sich eine Art Medienkrieg zwischen staatlicher syrischer Propaganda und Leitmedien wie den arabischen Sendern „Al Dschasira“ und „Al Arabija“ etabliert hat. Die Sender gehören den Herrscherhäusern von Katar und Saudi-Arabien, die aktiv Partei für die Gegner Assads ergriffen haben und diese mit Waffen beliefern. Mehrere Mitarbeiter des Al-Dschasira-Büros in Beirut haben den Sender verlassen aus Protest gegen die parteiische und unprofessionelle Berichterstattung über Syrien und den Aufstand in Bahrain. Da die syrische Propaganda versucht, die Aufständischen als „Terroristen“ darzustellen, wird es immer schwieriger, kritische Berichte über Teile der Opposition zu bringen, ohne als Handlanger des Regimes zu gelten.

Am Anfang des Konfliktes wiesen Medien noch oft darauf hin, dass es schwer sei, objektive Nachrichten zu erhalten, weil keine ausländischen Reporter ins Land gelassen würden. Mittlerweile übernimmt die westliche Politik und Presse oft ohne Einschränkung die Darstellungen bewaffneter Kämpfer vor Ort und der „citizen reporter“. Das in Großbritannien ansässige oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte ist die Hauptquelle westlicher Medien bei Berichten über Kämpfe und Tote in Syrien.

In Bildern: Die Geschehnisse um den abgeschossenen Jet:

Dabei gibt es andere Stimmen, die davon zeugen, dass mittlerweile auch aufseiten der Opposition zumindest einzelne Gruppen vor Mord, Vergewaltigung und ethnischer Säuberung nicht zurückschrecken. Die Nonne Agnes-Mariam aus dem Jakobs-Kloster bei Homs beschrieb, wie eine junge christlich-orthodoxe Frau von Bewaffneten entführt und tagelang vergewaltigt wurde. Agnes-Mariam war selbst Zeugin, wie in Homs Aufständische zunächst einen Ladenbesitzer ermordeten, der sich geweigert hatte am Streik teilzunehmen.

Anschließend hätten die Täter das Opfer per Handy gefilmt und mit dem Kommentar versehen, dass dies eine weitere Gräueltat des Regimes sei. Der katholische Nachrichtendienst Agenzia Fides berichtet im Juni, Christen in der Stadt Qusair nahe Homs sei von den bewaffneten Rebellen unter General Abdel Salam Harba ein Ultimatum gestellt worden, die Stadt zu verlassen. Jene Christen, die geblieben seien, müssten auf der Straße Muslimen die Vorfahrt gewähren, berichtet die Agentur.

Mehrere britische Journalisten beschuldigen Rebellen, sie absichtlich in Hinterhalte der Armee geführt zu haben. Sie hätten den Tod der Journalisten in Kauf genommen, um die Weltöffentlichkeit gegen das Regime aufzuwiegeln, vermutet Alex Thomson von „Channel 4“ in seiner Beschreibung des Hergangs. Thomson war bei Hula den verschiedenen Versionen über das Massaker nachgegangen. (mit AFP/rtr/dpa)

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