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Parteitag in Rostock: Die FDP als Ort der Debatte

In dem Maß, wie Philipp Rösler mit seinem Amt wächst, wird die Partei wachsen. Er hat diese Hoffnung für die FDP begründet - und macht vielleicht den Unterschied. Im Respekt für Pluralismus von Meinungen und Lebensentwürfen.

Die FDP als Komödienstadl? Die FDP als Tragödienstadl? Die FDP als Ort der Debatte. Das hat es lange nicht gegeben, nicht so. Da begehrt auf dem Parteitag in Rostock die Basis auf, setzen sich Delegierte durch mit ihrem Verlangen, mehr als bisher selbst zu bestimmen, was sie wichtig nehmen wollen. So definiert sich Liberalismus: Für ihn ist jeder Tatbestand und jede Meinung der Erörterung und Diskussion würdig; der Liberale macht es sich zur Aufgabe, die Zonen zu entheiligen, die – nur vorgeschoben, nur interessenbedingt – für die allgemeine Debatte gesperrt werden sollen. Ja, und damit endet sie wirklich, die Westerwelle-Dekade.

Nun also Philipp Rösler. Er ist eine Hoffnung, durch sein So-Sein, sein Da-Sein in der Führung einer Partei, die nicht nur nach eigenem Verständnis eine der Aufklärung sein muss. Eine Partei, die Lebensentwürfe in aller Freiheitlichkeit fördern muss; die als Grenze der Freiheit des Einzelnen in seiner Hoffnung auf Lebensglück die Freiheit des Nächsten begreift. Das weiß Rösler, und er weiß es zu benennen wie lange keiner an der Spitze mehr. Mit den langen Linien der FDP und ihrem tradierten, nur fast zu lange versteckten Anspruch an sich, die Moderne mit der Kraft von Argumenten zu erringen, buchstäblich immer wieder neu, weil es letzte Wahrheiten nicht gibt. Ja, so redet er! Damit könnte sie beginnen, eine Ära selbstbewusster Toleranz.

Vor allem die wäre eine die FDP wieder kräftigende Grundhaltung. Eine Partei, die obrigkeitliches Denken so ablehnt, die jede Bevormundung zurückweist, darf sich eben nicht dem Diktat eines Einzelnen unterwerfen; darf sich nicht einen patriarchalisch-autoritären Parteichef wählen; darf nicht Stetigkeit zur Starre werden lassen. Wer an der Spitze dieser Partei steht, ist zur Inhaltlichkeit verpflichtet, aber auch zur praktischen Anwendung des Prinzips der Aufklärung. Er muss inhaltlich und nicht vom Auftreten her eine Autorität sein. Oder werden.

Rösler hat den Vorteil, von der Herkunft und vom Leben zu klugem, nicht klügelndem Verhalten geradezu erzogen worden zu sein. Sein erstes Auftreten als Vorsitzender auf dem Parteitag war maßvoll und diszipliniert, mit einer gewissen Eleganz, nicht selbstzweiflerisch und zugleich ohne Attitüde des Selbstgewissen. Sein Rüstzeug ist einmal die Anschauung, freidemokratische und die aus den Westerwelle-Jahren, zweitens Überlieferung aus den Zeiten von Karl-Hermann Flach, drittens Aufgeschlossenheit, Bewährtes zu bewahren, und zwar in vollem Respekt für das, was auch seinen Aufstieg möglich gemacht hat: Pluralismus von Meinungen und Lebensentwürfen, gelebte gesellschaftliche Liberalität.

Die FDP kann nicht grüner sein als die Grünen; zumal sie ökologisch wurde, als dieses Wort noch tabu war. Sie kann nicht sozialdemokratischer sein als Sozialdemokraten und Linke; zumal ihre Ethik Kapitalismusgläubigkeit nicht zulässt. Sie darf auch nicht konservativer sein wollen als die Union, weil das dem Liberalen widerspricht, der weiß, dass die Lösung von heute sich morgen als falsch erweisen kann. Darum die Notwendigkeit der Debatte, darum die Forderung nach der Rückkehr dazu. Rostock macht hier den Unterschied. Und er macht den Unterschied – vielleicht. In dem Maß, in dem Philipp Rösler mit seinem Amt weiter wächst, wird die Partei wachsen. Er hat diese Hoffnung für die FDP begründet.

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