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Merkel und die Energie: Symbolik hoch drei

Reisen bildet, aber vor allem bereitet die Bundeskanzlerin mit ihrem Besuch von Windrädern und Kraftwerken und Zukunftshäusern eine der wichtigsten Entscheidungen der schwarz-gelben Bundesregierung in dieser Legislaturperiode vor.

Die Strombörse Leipzig ist kein Ort, der Angela Merkel schöne Bilder verspricht, anders als die Besichtigung eines Windparks. Im einem schlichten Handelsraum im einzigen Hochhaus der Stadt sitzen gestresste Manager dicht gedrängt vor flimmernden Bildschirmen. Für die Zukunft der Stromproduktion und des Energiemarktes in Deutschland sind die dortigen Stromhändler allerdings von zentraler Bedeutung. Kein Wunder also, dass Leipzig in diesen Tagen ganz oben auf dem Plan der Sommerreise der Bundeskanzlerin steht.

Reisen bildet. In den kommenden beiden Wochen reist Angela Merkel durch die Republik, besucht Energiestandorte. Gestern Windräder, heute die Strombörse. In der kommenden Woche dann wird Merkel unter anderem ein Kohle-, ein Kern- und ein Biomassekraftwerk besuchen sowie ein Plus-Energie-Haus. Ein Haus also, das nicht Energie verbraucht, sondern produziert. Und nicht nur die Kanzlerin soll bei dieser Reise etwas lernen, sie möchte darüber hinaus das ganze Land auf ihre Bildungsreise mitnehmen. Die Deutschen sollen etwas darüber erfahren, wie in diesem Land in Zukunft Energie gewonnen und vor allem Strom produziert wird.

Die Symbolik dieser Sommerreise ist also nicht zu verkennen. Mit dem Besuch von wichtigen Akteuren des Energiesektors, mit interessanten Gesprächen und vor allem schönen Bildern bereitet Angela Merkel eine der wichtigsten Entscheidungen der schwarz-gelben Bundesregierung in dieser Legislaturperiode vor. Vielleicht ist es sogar die wichtigste überhaupt. Schließlich will die Bundesregierung im Herbst ein nationales Energiekonzept verabschieden und damit über die Eckpunkte der zukünftigen Energiepolitik in Deutschland entscheiden. Auch deshalb ist die Energiepolitik bei Merkel in diesem Herbst Chefsache.

Es geht bei dieser Entscheidung über die deutsche Energiepolitik um sehr viel Geld, um Milliarden Subventionen und Milliarden Investitionen, um Standortpolitik und Länderinteressen, um Industriestrukturen und Unternehmensprofite.

Atomkraft steht für Vergangenheit

Je näher der Zeitpunkt der Entscheidung rückt, desto nervöser werden alle Beteiligten. Viele unterschiedliche Interessen prallen in der Debatte aufeinander, zugleich wird um sehr viel Geld gestritten, also wird mit harten Bandagen und allen Tricks gekämpft. Da wird geschimpft, gedroht und erpresst. Da werden Horrorszenarien in die Welt gesetzt und Gefahren klein geredet, da werden Strippen gezogen, die Medien instrumentalisiert, Demonstrationen organisiert. Beim Poker um die Zukunft des Energiemarktes geben die Lobbyisten auf allen Seiten ihr Bestes. Alle Unbeteiligten hingegen sind irritiert, verunsichert oder angewidert.

Dass in diesem Zusammenhang in den letzten Monaten vor allem über den Ausstieg aus dem Atomausstieg sowie die Brennelementesteuer diskutiert wurde, kann Merkel dabei überhaupt nicht passen. Denn erstens ist laut Umfragen die Mehrheit der Deutschen gegen die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, zweitens haben sich bei dieser Debatte die innerparteilichen Kontrahenten so ineinander verkeilt, dass es am Ende auch in der eigenen Partei viele Verlierer geben könnte. Drittens steht die Atomkraft energiepolitisch eher für Vergangenheit als für Zukunft, selbst wenn die Kanzlerin nicht müde wird, von einer „Brückentechnologie“ zu sprechen.

In den kommenden Wochen muss Merkel die Debatte also drehen, von der Vergangenheit in die Zukunft; weg von der Atomkraft, hin zu einer eine Zukunftsdebatte über die Erschließung regenerativer Energiequellen; weg von den Lobbyisten, hin zur Bevölkerung.

Nur so kann Merkel die Mehrheit der Deutschen für ihre Energiepolitik gewinnen und verhindern, dass die Atomkraft die Gesellschaft wieder spaltet. Nur so kann sie den Streit in der Union befrieden und nur so kann sie verhindern, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung am Ende als Büttel der Atomindustrie dasteht. Drei gute Gründe also, auf Sommerreise in Sachen Energie zu gehen. Reisen bildet, kann für die Bundeskanzlerin aber auch darüber hinaus sehr nützlich sein. 

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