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Nicolas Sarkozy will erneut Präsident Frankreichs werden.

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Update

Präsidentschaftswahl in Frankreich: Nicolas Sarkozy zieht in den Wahlkampf - und schockt mit Rechtsruck

Frankreichs Präsident Sarkozy startet offiziell in den Wahlkampf. In einem TV-Interview bestätigte er erstmals, dass er eine zweite Amtszeit anstrebt. Selbst seine Parteifreunde schockt jedoch sein plötzlicher Rechtsruck.

Das Katz-und-Maus-Spiel ist zu Ende. Seit Wochen folgten Reporter Nicolas Sarkozy auf Schritt und Tritt, begierig darauf, von ihm ein Wort zur neuerlichen Präsidentschaftskandidatur zu erhaschen. Doch der Präsident wich Fragen beharrlich aus. Nun ist es so weit. Für Mittwochabend kündigte Sarkozy in einer selbst verfassten Mitteilung über sein persönliches Twitter-Konto einen Auftritt im Fernsehsender TF1 an. Die Erklärung seines Bewerbung um ein zweites Mandat war nach der künstlich erzeugten Spannung keine Überraschung mehr: „Ja, ich bin Kandidat für die Präsidentschaftswahl.“

Bis zuletzt wollte Sarkozy den Zeitpunkt seines Eintritts in die Wahlkampfarena bis Anfang März hinausschieben. So hoffte er, möglichst lange als Präsident und Staatsmann über den politischen Niederungen zu stehen. „Eine Präsidentenwahl entscheidet sich wie die Tour de France in den letzten Etappen“, beruhigte er seine Freunde angesichts schlechter Umfrageergebnisse. Nach einer neuen Erhebung des Instituts BVA liegt Sarkozy mit 26 Prozent deutlich hinter seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande mit 34 Prozent zurück, zumindest für den ersten Wahlgang am 22. April. In der folgenden Stichwahl würde Sarkozy mit 42 Prozent gegenüber Hollande mit 58 Prozent unterliegen, heißt es weiter.

So geht es schon seit Wochen. Von leichten Variationen abgesehen waren alle Umfragen gleich ungünstig für Nicolas Sarkozy. Nicht eine einzige wies einen Vorsprung für den Amtsinhaber aus. Das hat es in der fünften Republik noch nicht gegeben.

Dabei hat Sarkozy in jüngster Zeit alles unternommen, um sein Ansehen bei den Franzosen zu verbessern. Als Präsident, der die Nation durch die Krise führt, gab er sich bei den Gipfelkonferenzen der acht großen Industriestaaten (G 8) und der zwanzig wichtigsten Wirtschaftsnationen (G 20) unter seinem Vorsitz. Wie ein „mutiger Kapitän“, meint ein Elysée-Berater, setzte er bis zuletzt auch unpopuläre Maßnahmen wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Sanierung der Finanzen Frankreichs auf die Tagesordnung. In einem gemeinsamen Fernsehinterview versicherte er sich der Unterstützung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Und zuletzt zweimal in der Woche reiste er in die Provinz, um den Franzosen wie ein besorgter Landesvater Nähe zu bekunden. Dass mancher Auftritt zur Farce geriet, weil Sarkozy, wie kürzlich im Departement Tarn nach einer zehnminütigen Rede schon wieder aufbrach oder seine Organisatoren bei einem Auftritt in der Pariser Region Statisten für die abendlichen TV-Bilder mobilisierten, ging unter.

Nun will Sarkozy als „Präsident des Volkes für das Volk“, wie es ein Berater formuliert, in den Wahlkampf ziehen. Nicht mehr der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) sei sein Vorbild, heißt es, sondern der frühere US-Präsident George W. Bush, der 2004 seine Wiederwahl in Opposition zu den Eliten gewann. Jeden Tag werde er „mit neuen Ideen“ für Überraschungen sorgen. Schon am vergangenen Wochenende legte er los. Mit einem vom Magazin der konservativen Zeitung „Le Figaro“ groß aufgemachten Interview unter dem Titel „Meine Werte für Frankreich“ verlegte er den Schwerpunkt der politischen Auseinandersetzung auf gesellschaftspolitische Themen. Statt komplizierte Probleme wie die Euro-Krise, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft oder die Finanzierung der Renten zu verhandeln, will er über Einwanderung, schmarotzende Arbeitslose, die Homo- Ehe oder Sterbehilfe streiten. Zum Aufenthaltsrecht bestimmter Einwanderer will er ein Referendum abhalten. Über eine weitere Volksabstimmung sollen die Franzosen darüber befinden, ob Arbeitslose jeden Alters zu Umschulungen und zur Annahme von Jobangeboten gezwungen werden sollen.

Mit Ironie reagierte Francois Hollande auf Sarkozys Ankündigungen. „Er war doch schon lange Kandidat“, sagte er, „aber warum er noch einmal kandidiert, wissen wir nicht. Will er uns jeden Tag ein neues Referendum vorschlagen?“ Seinen eigenen Wahlkampf werde er trotz Sarkozys Ankündigungen nicht ändern.

Von seinem Rechtsruck waren selbst Freunde des Präsidenten wie der frühere Umweltminister Jean-Louis Borloo schockiert. Sie befürchten, dass Sarkozy damit mehr Stimmen in der Mitte verliert, als er auf der Rechten gewinnen kann.

Einen Rückzieher hat Nicolas Sarkozy schon gemacht. Das Referendum über die Verpflichtung von Arbeitslosen zur Umschulung schwächte er zur „Konsultation über das Recht auf Weiterbildung“ ab, etwas, was es in bestehenden Gesetzen längst gibt. Doch wie 2007, als er dem rechtsextremen Front National Stimmen abjagte, setzt Sarkozy auch diesmal darauf, mit populistischen Themen anzukommen. „Sarkozy steuert nicht nach rechts, sondern er nimmt sich der Sorgen des Volkes an“, zitiert „Le Monde“ einen seiner Berater.

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