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Der Attentäter auf dem Weg zum Gericht in Oslo.

© Reuters

Update

Bundesregierung: Keine Spuren des Attentäters nach Deutschland

Der Doppelanschlag von Oslo hat in Deutschland zu einer neuerlichen Debatte über die Sicherheitsgesetze geführt. Die Bundesregierung will diese Debatte eindämmen - es führe keine Spur nach Deutschland.

Der Attentäter von Norwegen hat nach bisherigen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden keine Beziehungen nach Deutschland. Zudem bringe das Massaker mit mehr als 90 Toten keine zusätzlichen Argumente für die innerdeutsche Sicherheitsdebatte, sagte am Montag ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Der Doppelanschlag von Oslo hatte in Deutschland den Streit über Sicherheitsgesetze wie die Vorratsdatenspeicherung wieder entfacht.

Der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans wollte nicht direkt darauf eingehen, dass der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik in seinem Manifest mehrmals auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwähnt hat. Steegmans machte lediglich deutlich, dass die Intensität der Arbeit deutscher Sicherheitsbehörden nicht an prominenten Namen festgemacht werden könne. Breivik hatte geschrieben, Merkel sei „der am wenigsten schlechte Führer der größeren Nationen“. Die Kanzlerin sorge aber mit ihrer Unterstützung der „schrecklichen EU-Verfassung“ für eine „Eurabisierung“ Europas.

Als Parteien, die die „Islamisierung Europas“ und den von ihm verhassten Multikulturalismus unterstützen, nannte Breivik alle im Bundestag vertretenen Parteien: CDU, CSU, FDP, SPD, die Grünen und die Linken. Deren Führer gehörten zur schlimmsten Gruppe der Verräter und müssten mit dem Tode bestraft werden. Konkrete Anschlagspläne äußerte Breivik aber nicht.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte: „Tat und Täter weisen nach derzeitigem Kenntnisstand keine Bezüge nach Deutschland auf.“ Die rechte Szene werde intensiv beobachtet. Hinweise auf rechtsterroristische Aktivitäten lägen derzeit aber nicht vor. Auch sei - wie von der Gewerkschaft der Polizei gefordert - eine Datei für besonders auffällige Personen nicht notwendig, zumal alle auffälligen Gruppen ohnehin beobachtet würden. Angesichts des Datenvolumens im Internet sei eine lückenlose Überwachung nicht leistbar.

Auf einschlägigen Internetseiten der rechtsextremistischen Szene in Deutschland wird die Gräueltat von Oslo als Fanal gegen eine „zunehmende Überfremdung“ Europas interpretiert. Unverhohlen wird auch Genugtuung darüber geäußert, dass „hier einer dem linken Kadernachwuchs einen Schlag versetzt hat“. Doch trifft das Blutbad auch auf strikte Ablehnung. Zudem werden Zweifel an der Zugehörigkeit des Amokschützen zur rechtsextremistischen Szene geäußert. Er wird eher als Einzeltäter beschrieben.

Laut Innenministerium in Schwerin sind Kontakte des Mannes zur Szene in Mecklenburg-Vorpommern nicht bekannt, auch länderübergreifende Kontakte von Gruppierungen in Norwegen und im nördlichen Bundesland gelten als eher unwahrscheinlich.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), nahm den Bombenanschlag in Oslo und das Massaker unter den Teilnehmern eines Jugendcamps auf der Insel Utøya zum Anlass, seine Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung zu erneuern. „Die Sicherheitsbehörden müssen stärker als bisher im Netz auf Streife gehen.“ Zurückhaltender argumentierte Uhls Parteifreund, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Er hält zwar eine stärkere Beobachtung des Internets für nötig. Im Deutschlandfunk machte er aber deutlich, dass er nach Oslo ebenfalls keine neuen Argumente in der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung erkennen könne. Der CSU-Politiker ist für die Vorratsdatenspeicherung.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warnte vor Hektik. Sie erneuerte die Forderung nach einem Verbot der rechten NPD. Aber: „Wir können uns keinen weiteren Anlauf leisten, der scheitert.“ Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz kritisierte bei „Spiegel“ Online die Forderungen nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung im Zusammenhang mit den Anschlägen als „zynisch“. Als „geschmacklos“ bezeichnet Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP), dass Uhl das Massaker von Oslo zum Anlass nimmt, erneut nach der Vorratsdatenspeicherung zu rufen. (dpa)

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