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Gastgeber Polen: Die vier EM-Städte im Fokus

Warschau, Breslau, Danzig, Posen: 2012 zur Fußball-Europameisterschaft wird hier gespielt. Doch diese Städte sind zu spannend, um nur die Stadien zu besuchen.

Warschau – die Quirlige

Flotte Straßenbahnen, eilige Fußgänger und gläserne Büropaläste, die schneller in den Himmel wachsen, als man gucken kann: Diese Stadt hat Tempo. Ruckzuck ist man oben, im 231 Meter hohen Kulturpalast, den Stalin den Warschauern in den 1950er Jahren geschenkt hat. Mit der ungeliebten Gabe haben sich die Bewohner arrangiert – und schauen gern – wie die Touristen – von der Aussichtsplattform aufs moderne Zentrum hinunter. Dabei kann Warschau (Warszawa) auch urgemütlich sein. Man muss nur den Königsweg entlangflanieren, hinein in die Altstadt. So viele schöne alte Gebäude, so viel Patina. Selbst wenn man die Gemäuer mit der Lupe betrachten würde, wäre nicht zu erkennen, dass doch alles erst nach dem Zweiten Weltkrieg (wieder) entstanden ist. Warschau wurde zu 80 Prozent zerstört. Östlich des Königswegs erstreckt sich der Lazienki-Park, einer der schönsten Gartenanlagen Europas. Hier, am Denkmal von Frederik Chopin, erklingt an Sommersonntagen dessen Musik. Den Lärm aus dem Fußballstadion kann man im Park hingegen nicht hören, die moderne Arena ist zu weit weg. In Praga ist sie emporgewachsen, im alten Viertel östlich der Weichsel. Hier waren im Krieg kaum Bomben gefallen. Hier ist alles noch echt, völlig ungeschminkt und ein wenig marode. Das ideale Quartier für Künstler, Kreative und junge Leute. Urige Kneipen und Klubs sind hier entstanden. Und wenn die ausländischen Fußballfans das erfahren, werden sie erst mal in Praga bleiben – statt ratzfatz mit der Straßenbahn ins Zentrum zurückzudüsen.

Breslau – die Junge

Goethe war drin, Chopin, Gerhart Hauptmann und ach, all die anderen: Wer nicht im Schweidnitzer Keller war, war nicht in Breslau (Wroclaw), pflegte man früher zu sagen. 700 Jahre alt ist die größte Schankstube der Stadt, direkt am Rynek, am Markt. Und was für ein Markt! 215 mal 175 Meter misst er und ist damit der zweitgrößte Polens. 100 000 Studenten leben in Breslau – das prägt das Stadtleben. Hunderte Kneipen, Klubs und Restaurants – nicht nur an den Wochenenden ist hier eine Menge los. Wer Ruhe und Abgeschiedenheit will, flüchtet sich zur nahe gelegenen Dominsel mit ihren Gotteshäusern. Abend für Abend dreht ein Mann hier in der Dämmerung seine Runde – und zündet die Laternen an. Neben der Dominsel gibt sich Breslau fast venezianisch. Bei Gondeltouren kann man die Nebenflüsse der Oder und ein Dutzend Inselchen erkunden. Was in die Jahre gekommen war, wurde in Breslau fein restauriert. In jüngster Zeit etwa die ehemalige Synagoge zum Weißen Storch, das einzige jüdische Gotteshaus, das die „Reichskristallnacht“ überstand. Das Viertel rund um die Synagoge ist ein beliebtes Ausgehviertel, eins von vielen in Breslau.

Danzig – die Goldene

Bernstein, überall Bernstein. Danzig (Gdansk) ist der bedeutendste Handelsplatz für das „Gold der Ostsee“. Früher, im 16. und 17. Jahrhundert, wurden hier mit allen möglichen Waren Geschäfte gemacht. Wie viel Geld verdient wurde, sieht man an den prächtigen Fassaden und Schmuckgiebeln der Patrizierhäuser. Der Markt ist in Danzig länglich und gesäumt von den schönsten Gebäuden der Stadt. Die Danziger nennen ihn ihren „Salon“, Frühlingsfeste, Sommerbälle, Weihnachtsmarkt, alles was wesentlich ist, findet auf dem Langen Markt statt. Die Danziger haben es gut, denn ein feines Seebad mit Strand liegt gleich nebenan. Mit der S-Bahn ist man binnen 30 Minuten in Sopot (Zoppot), das in den 1920er Jahren als „Rimini des Nordens“ galt. Noch immer, oder besser wieder, kann man den alten Glanz erahnen. Denn viele der Villen im Stil der Bäderarchitektur präsentieren sich schmuck renoviert.

Posen – die Pulsierende

Wie die Wirtschaft in Polen boomt, kann man in Posen gut beobachten. Die Stadt ist seit 1925 ein internationaler Messeplatz, der in jüngster Zeit erneut an Bedeutung gewinnt. Die Altstadt ist tadellos saniert, in den Einkaufszentren sind alle wesentlichen Labels dieser Welt zu finden, in zahlreichen Restaurants wird sterneverdächtig gekocht. Posens Marktplatz verdient die Note eins. Ein italienischer Baumeister hat um 1550 das Rathaus geschaffen, ein Renaissance-Juwel mit einer dreigeschossigen Arkadenloggia. Jeden Mittag um zwölf öffnen sich Metalltüren am Rathausturm und die Posener Böckchen, Wahrzeichen der Stadt, springen heraus. Wer nur nach Posen reist, um Geschäfte zu machen, verpasst viel. Tanz, Theater, Musik – überreich ist das Kulturprogramm. Und im Nationalmuseum hängen nicht nur Werke polnischer Künstler, sonder auch Bilder spanischer Meister wie Velazquez und Zurbaran.

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