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Hertha gegen Worms: Wiederholungsspiel drei

Wormatia Worms will am Sonntag nach 34 Jahren in der ersten Runde des DFB-Pokals endlich Revanche gegen Hertha BSC für einen angeblichen Stromausfall. Das es bisher noch nicht dazu kam lag auch an einem Münchner Finanzmakler.

Der Präsident von Hertha BSC ist außer sich. „Das ist alles barer Unsinn und zudem unsportlich“, tobt er über die Klage gegen die Spielwertung beim DFB. „Man wäre besser beraten, die Qualifikation auf dem Rasen und nicht am Grünen Tisch zu erreichen.“ Man ahnt, es ist kein aktueller, sondern ein ehemaliger Hertha-Präsident, der hier spricht. Es ist Ottomar Domrich, 1978. Was ist passiert?

Es ist der 4. Oktober, der Mannschaftsbus von Wormatia Worms fährt von Blaulicht eskortiert Richtung Olympiastadion, zum Pokalspiel gegen Hertha BSC. Es ist ein Wiederholungsspiel, das erste Duell endete 1:1, Elfmeterschießen gibt es noch nicht. Doch 20 Minuten vor Anpfiff ist das Stadion kaum beleuchtet. Da hören die Zweitligaspieler aus dem Radio von der Spielabsage. Stromausfall, heißt es, eine Notversorgungsanlage sei defekt. Die Hertha-Spieler sind schon weg. Die Mannschaft von Trainer Eckhard Krautzun und die 150 Wormser Fans sind umsonst angereist, über 600 Kilometer weit.

Der Tagesspiegel schreibt damals von einem „Schmierentheater“. Vor dem Spiel hatte Hertha-Trainer Kuno Klötzer geklagt, er wisse vor lauter Verletzten nicht, wie er eine Mannschaft zusammenbekommen solle. Dann springt das Notstromaggregat ein beziehungsweise aus.

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Die Wormser protestierten, Hertha habe kein Interesse gehabt, das Spiel auszutragen. Der DFB soll das Spiel für Wormatia werten oder auf neutralem Platz wiederholen. „Das einzige, was man uns vorwerfen kann, ist die relativ späte Absage des Spiels“, entgegnet Hertha-Präsident Domrich. Ein Stadionverwalter hatte das defekte Kabel schon sechs Stunden vor Anpfiff entdeckt.

Das Verhältnis zwischen beiden Vereinen ist vergiftet. Lange wird gerungen um einen Termin für die Neuansetzung, um die Einnahmen und Transferraten für Torwart Thomas Zander, der aus Berlin nach Worms gewechselt war. Als am 7. November bei starkem Schneetreiben und 8.500 Zuschauern im Olympiastadion angepfiffen wird, hält der Tabellenführer der Zweiten Liga Süd lange dagegen. Erst in den letzten fünf Minuten überwinden Erich Beer und Thomas Remark die Wormser Abwehr um Dragoslav Stepanovic.

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In Worms kommt kurz darauf ans Licht, dass das Geld, das ein Münchner Finanzmakler in den Verein gesteckt hat, nicht sein eigenes war. Er muss ins Gefängnis, Wormatia in den Amateurbereich. Da spielen sie bis heute, viertklassig in der Regionalliga Süd. Aber am Sonntag gibt es Revanche gegen Hertha, das dritte Wiederholungsspiel sozusagen. „Als wir bei der Pokalauslosung mit unseren Fans zusammensaßen, hieß es sofort: Da war doch was!“, sagt Ronald Borchers. Der frühere Nationalspieler ist Trainer in Worms. „Die älteren Fans reden darüber“, sagt der 55-Jährige, „für uns geht es nur darum, Spaß zu haben, die Nerven in den Griff zu bekommen und nicht zu viele Gegentore.“ Das mit den Nerven wird schwer. Abgelenkt gab es zum Ligastart nur zwei Remis.

Aber was heißt nur? Dass Borchers, der eine Werbeagentur betreibt, mit seiner Amateurelf aus Studenten und Berufstätigen zuletzt Regionalligarang vier erreichte, nennen sie zwischen Darmstadt und Mannheim ein kleines Wunder. Große Pläne für Dritte oder Zweite Liga gibt es nicht. Den Etat von 1,5 Millionen Euro verdienen einige Hertha-Profis im Jahr. Mit dieser Welt machte Borchers jüngst Bekanntschaft. Als er Hertha auswärts in Frankfurt beobachte, linste ein Boulevardreporter in seinen Notizblock und titelte, er habe „den Pokal-Spion entlarvt“. Borchers lacht und sagt: „Der hatte einen Sehfehler. Nur der erste Satz stimmte, der Rest war Eigeninitiative.“

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