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Innenverteidiger Roman Hubnik hatte die beste Tormöglichkeit für Hertha BSC gegen den 1. FC Nürnberg, scheiterte mit einem Kopfball aber am Pfosten.

© dapd

Hertha nach der Niederlage: Warum auch Kritik üben?

Nach dem schwachen Auftritt und der Niederlage zum Rückrundenauftakt in Nürnberg reagiert Hertha-Trainer Michael Skibbe gelassen und richtet seinen Blick auf das Ziel Klassenerhalt.

Die sonntägliche Aussprache nach der Auftaktniederlage in die Bundesligarückrunde hatte eine herzliche Grundmelodie, wie Michael Skibbe hinterher erzählte. Herthas Trainer hatte Adrian Ramos zu dessen 26. Geburtstag gratuliert und dem anwesenden Personal Mut zugesprochen. Vergeben und vergessen, dass der Kolumbianer am Vortag storchengleich durch den Nürnberger Morast stakste und sich damit eigentlich nicht abhob von seinen Mitspielern. Warum auch Kritik üben? So abenteuerlich sei der Auftritt nicht gewesen, man habe lediglich gegnerische Standards nicht verhindern können. Na denn …
Wenn man Michael Skibbe am Tag danach nur lange genug zuhört hätte, wäre man womöglich noch auf die Idee gekommen, Hertha habe das Spiel in Nürnberg gar nicht verloren. Die Aussagen des 46-Jährigen waren auf Ausgleich bedacht. Noch sei nichts passiert, obwohl die Mannschaft erstmals in den Abstiegskampf gerutscht ist. Jeder wisse doch, dass es für den Aufsteiger nur darum gehe, den erneuten Abstieg zu verhindern, also darum, irgendwie die 40 Punkte zusammenzubekommen. Und „das kriegen wir auch hin“, sagte Skibbe.

In seiner Trainervergangenheit ist Skibbe eher selten durch prophetische Weissagungen aufgefallen. Mag ja sein, dass die Berliner, die unter Skibbes Vorgänger Markus Babbel in der Hinrunde 20 Punkte erkämpft haben, durchaus das Zeug zum Klassenerhalt haben. Fakt aber ist, dass sie sich erheblich steigern müssen, legt man den teigigen Auftritt von Nürnberg zugrunde. Spieler wie Peter Niemeyer und Andreas Ottl bemühten das Prinzip Hoffnung, indem sie von einem Déjà-vu-Erlebnis sprachen. Schließlich habe man ja auch schon das Hinspiel zum Saisonauftakt gegen Nürnberg verloren, sich danach aber berappelt. Tatsächlich konnte Hertha danach gegen Gegner punkten, bei denen man das nicht unbedingt vermuten durfte. Gegen diese Klubs stehen nun der Reihe nach die Rückspiele an: Hamburg, Hannover, Stuttgart und Dortmund. Aus diesen vier Spielen holte Hertha in der Hinrunde beachtliche acht Punkte.

Allerdings werden die Berliner in den nächsten beiden Heimspielen gegen den HSV und Hannover auf den gesperrten Raffael verzichten müssen. In Nürnberg fehlte ihnen damit das kreative, das anspruchsvolle wie überraschende Moment, kurz: die Qualität. Der Versuch, seinen Bruder Ronny dieses Qualitätsloch auffüllen zu lassen, scheiterte fürs Erste derart grandios, dass sich eine Wiederholung eigentlich verbietet. Raffaels drolliger Bruder, der eigentlich über recht geschickte Füße verfügt, flipperte willenlos durch die Nürnberger Reihen wie ein auf Lufballon durch den Sturm tanzt. Ihm fehlt schlicht die Härte für Wettkämpfe auf diesem Niveau.

Gute Pässe in Testspielchen gegen unterklassige Gegner sind das eine, ihn dann aber im Trainingslager nicht einmal auf dieser Position aufzubieten, das andere. Skibbe sah es ein und nahm Ronny bei Halbzeit aus dem Spiel. Noch in der Winterpause hatte er Ronny ohne Unterlass gelobt. Vielleicht auch nur deshalb, weil er wusste, dass er einen Raffael-Vertreter benötigte und wie anfällig südamerikanische Kicker für Zuspruch sind. „Er hat nicht gut gespielt, es war insgesamt zu dünn“, sagte Skibbe nun. Alles nur ein Missverständnis?
Vielleicht ist diese Niederlage auch ein Ergebnis der unsäglichen Chaostage von vor Weihnachten, als es Hertha nicht gelang, die Trennung von Babbel anständig zu managen. Der aus der Türkei herbeigekaufte Skibbe musste den aufgewühlten Kader beruhigen, sein Tun in Berlin war auf Befriedung und Harmonisierung ausgelegt. Alle Spieler seien gleich, alle hätten die gleichen Chancen, mit diesem Credo glitt Skibbe durch seine Anfangszeit. Es waren neutrale Tage, in denen keine Entscheidungen anstanden. Am Ende spielten dann doch die, die immer spielten, bis auf den verletzten Andre Mijatovic und gesperrten Raffael. Es sind eben nicht alle gleich, schon gar nicht gleich gut.

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