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Wir gegen uns. Die Nationalmannschaftskollegen Christian Ehrhoff (links) von den Vancouver Canucks und Dennis Seidenberg von den Boston Bruins stehen sich gerade in der Endspiel-Serie gegenüber, derzeit steht es 2:2 nach Siegen.

©  AFP (2), Montage: Krause

Eishockey: Deutsche Arbeit zeigt im NHL-Finale ihren Wert

Im NHL-Finale beweisen Christian Ehrhoff und Dennis Seidenberg, dass sie zu den besten Verteidigern der Liga gehören. Es ist das erste Mal überhaupt, dass sich zwei deutsche Spieler im Endspiel begegnen.

Berlin - Zufrieden lächelte Bob Weinhauer in die Kameras. Der General Manager der Milwaukee Bucks hatte beim Draft der Basketballliga NBA 1998 das Geschäft seines Lebens gemacht. Im Tausch für diesen hageren Deutschen mit der seltsamen Popperfrisur konnte er den Dallas Mavericks Robert Traylor, einen Mann mit der Statur eines Möbelpackers, entreißen. Der Deal ging später tatsächlich in die Annalen ein – als einer der schlechtesten der Klubgeschichte. Traylor konnte sich in der NBA nie durchsetzen, während sein Tauschpartner in Dallas nicht nur seine Frisur änderte, sondern auch noch zu einem der besten Spieler aller Zeiten avancierte. Ein Jahr, nachdem Weinhauer Dirk Nowitzki für Traylor verramscht hatte, war er seinen Job los.

Nowitzki war nicht der letzte deutsche Spitzensportler, dessen Talent in den USA zuerst verkannt wurde. Auch Dennis Seidenberg und Christian Ehrhoff wurden im Laufe ihrer Karrieren gegen einen heute lächerlich gering wirkenden Gegenwert transferiert. Und genau wie im Fall von Nowitzki werden sich die Manager der abgebenden Klubs noch immer über ihre Dummheit ärgern.

Dennis Seidenberg und Christian Ehrhoff zählen inzwischen zu den besten Spielern in der stärksten Eishockeyliga der Welt, der NHL. Nicht nur das, die beiden haben Marco Sturm und Jochen Hecht längst den Rang als stärkste Deutsche in der Liga abgelaufen. „Für mich gehören die Zwei eindeutig unter die Top 20 der Verteidiger, Ehrhoff sogar unter die besten Fünfzehn“, sagt der kanadische Eishockeyexperte Lyle Richardson.

Zum Beweis dafür stehen sich Ehrhoff und Seidenberg mit ihren Teams, den Vancouver Canucks und den Boston Bruins, derzeit im Finale um den Stanley-Cup gegenüber. Es ist das erste Mal überhaupt, dass sich zwei deutsche Spieler im Endspiel der NHL begegnen. Bisher konnte mit Uwe Krupp nur ein Deutscher die Meisterschaft in Nordamerika gewinnen. Nach vier Spielen steht es in der Finalserie 2:2, beide Teams konnten jeweils ihre Heimspiele gewinnen. Psychologisch dürften aber Dennis Seidenberg und Boston im Vorteil sein. Während Vancouver zwei Mal nur sehr knapp gewinnen konnte, siegte Boston mit 8:1 und 4:0 sehr deutlich. Seidenberg ist es auch, der in der Endspielserie bisher am meisten überzeugen konnte. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Spiele bisher ganz nach dem Geschmack des 29-Jährigen verlaufen sind. Seidenberg liebt das Physische, er ist der Spieler mit den meisten geblockten Schüssen in der Liga und steht in den Play-offs länger als jeder andere Spieler auf dem Eis. Wenn es sein muss, stellt er sich gern auch mal einem Faustkampf – im Gegensatz zu Ehrhoff.

Zusammen mit Bostons Kapitän Zdeno Chara bildet Seidenberg bisher das dominierende Verteidigerduo der Finalserie. „Dass Boston ins Endspiel gekommen ist, liegt zum großen Teil auch an Seidenberg“, sagt Richardson. „Er hat eine sensationelle Entwicklung genommen und zählt zu den Stützen des Teams.“ Seit Seidenberg in Boston spielt, ist es das erste Mal, dass er derartige Aufmerksamkeit bekommt. „Dadurch, dass er zuvor nur für kleinere Teams wie Phoenix, Carolina und Florida gespielt hat, wusste kaum jemand, wie gut er eigentlich ist“, sagt Richardson.

Christian Ehrhoff blieben die vielen Vereinswechsel seines Nationalmannschaftskollegen bisher erspart. Vor seiner Zeit in Vancouver stand Ehrhoff nur bei den San José Sharks unter Vertrag. In Kalifornien entwickelte er sich stetig weiter und wurde zu einem der offensivstärksten Verteidiger der Liga. In den laufenden Play-offs hat Ehrhoff auch schon wieder elf Scorerpunkte gesammelt, so viele wie kein anderer Verteidiger der Vancouver Canucks. Und die Kanadier gelten ligaweit als das Team mit den besten Abwehrspielern im Kader. Wann immer die Canucks in Überzahl spielen, steht Ehrhoff auf dem Eis. Seine Passgenauigkeit hat ihn zu einem der begehrtesten Spieler gemacht. Und einem der Teuersten. Ehrhoffs Vertrag in Vancouver läuft nach dieser Saison aus, wollen die Canucks ihn halten, müssen sie wohl einiges an Gehalt offerieren. „Sollte Vancouver den Vertrag nicht verlängern können, wäre Ehrhoff in diesem Sommer der beste Verteidiger, der auf dem Markt ist“, sagt Richardson.

Vancouvers General Manager Mike Gillis hat aber bereits signalisiert, den Deutschen unbedingt halten zu wollen. Gillis weiß nur zu gut, welche Konsequenzen eine schlechte Personalentscheidung haben kann.

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