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Leipziger Olympiaträume: "Wir wollten das Lillehammer des Sommers werden"

Eigentlich wollte Leipzig in diesem Jahr Olympia ausrichten. Wie hätten die Spiele und eine Eröffnungsshow aus Deutschland ausgesehen? Wir fragen nach beim einstigen Bewerbungschef Dirk Thärichen.

Herr Thärichen, wie haben Sie die olympische Eröffnungsfeier in London erlebt?

Ich saß mit meiner Familie zusammen in gemütlicher Runde und habe dieses fantastische Ereignis am Fernseher verfolgt. Natürlich war ich auch ein bisschen wehmütig, muss ich zugeben.

Leipzig wollte in diesem Sommer eigentlich Olympia-Gastgeber sein. Sie waren bis 2003 Bewerbungschef. Hätte eine solche Eröffnungsshow auch im Zentralstadion stattfinden können?

Im Zentralstadion wäre es etwas eng geworden. Deshalb hatte Stararchitekt Peter Eisenman ja damals ein neues Olympiastadion für Leipzig entworfen. Natürlich hätten wir dort auch ein großartiges Fest feiern können. Aber wir Leipziger sind stolz auf unsere Bewerbung, es war trotz mancher Krise eine tolle Zeit. Wir haben immerhin den nationalen Vorausscheid gewonnen, danach wurden 200 Millionen Euro in die Infrastruktur der Stadt gesteckt. Gerade habe ich mich noch einmal mit den alten Leuten von der Bewerbungsgesellschaft getroffen, wir haben uns ein paar Anekdoten erzählt.

Konnten Sie dabei herausfinden, warum es nicht geklappt hat?

Im nationalen Wettbewerb waren wir ein gutes Team: Stadt, Sport und Land. Danach haben wir uns öffentlich gestritten. Es ist ja nicht selten, dass es eine Stadt beim ersten Anlauf nicht schafft. Umso bedauerlicher ist, dass wir uns aufgrund selbst gemachter Fehler nicht für eine zweite Runde qualifiziert haben. Sonst hätten wir für 2016 und 2020 noch einmal ins Rennen gehen können.

Aber IOC-Präsident Jacques Rogge sagte am Schluss, Leipzig sei schlicht zu klein.

Es hat eben eine Neuausrichtung im IOC gegeben. Als ich mich mit Rogge ein Jahr vor der Entscheidung in Lausanne getroffen habe, hat er noch anders geklungen. Doch mit London und auch der Vergabe an Rio 2016 hat das IOC gezeigt, dass es in die Megametropolen drängt. Wir wollten kleinere, nachhaltige und überschaubare Spiele, wir wollten ganz Leipzig zu einem olympischen Dorf machen. Unser Vorbild waren die Winterspiele von Lillehammer, wir wollten das Lillehammer des Sommers werden.

Der 42-Jährige Dirk Thärichen war Chef der Bewerbungsgesellschaft, trat aber 2003 wegen seines früheren Wehrdienstes bei einem Stasi-Wachregiment zurück. Inzwischen ist er Sportmanager in Leipzig.
Der 42-Jährige Dirk Thärichen war Chef der Bewerbungsgesellschaft, trat aber 2003 wegen seines früheren Wehrdienstes bei einem Stasi-Wachregiment zurück. Inzwischen ist er Sportmanager in Leipzig.

© dapd

Hätte die Leipziger Eröffnungsfeier entsprechend provinziell ausgesehen?

Warum sollte sie? Mit einer solchen Feier präsentiert sich doch ein ganzes Land. Schauen Sie nur, in welchem Licht sich Großbritannien weltweit dargestellt hat: mit einer Show voller Popkultur, mit tollen Performern und Weltstars wie Simon Rattle.

Stars, die Deutschland gar nicht hat …

Wir haben Kurt Masur, einen der international gefragtesten Dirigenten. Und auch im Rock- und Popgeschäft gibt es internationale Schlager aus Deutschland. Bei uns wäre eben Tokio Hotel aufgetreten – oder denken Sie an die Scorpions, die erfolgreichste deutsche Band im Ausland.

Einen Mr. Bean haben wir trotzdem nicht.

Nein, aber da sind die Briten auch im Vorteil. Jeder auf der Welt versteht den britischen Humor, weil Englisch Weltsprache ist. Ich weiß nicht, ob man in Japan oder Brasilien über Loriot gelacht hätte. Leider ist der ja inzwischen auch gestorben.

Bei der Eröffnung der Fußball-WM 2006 präsentierte sich Deutschland mit bayerischen Schuhplattlern.

Ach, eine Eröffnung Olympischer Spiele ist etwas ganz anderes als eine kleine Show zum Start eines Fußballturniers. Olympia ist ein Weltereignis, da kann sich ein Land dem ganzen Planeten präsentieren. Die Briten wollen mit den Spielen eine ganze Generation inspirieren und haben dafür ihre ländlichen und industriellen Traditionen gezeigt. Und bei einer deutschen Show wären vielleicht auch ein paar Schuhplattler dabei gewesen – oder auch ein paar Berliner Breakdancer.

Herr Thärichen, wird es zu Ihren Lebzeiten noch einmal Olympische Spiele in Deutschland geben?

Für Sommerspiele wird es schwer – und wenn wir das möchten, können wir sicher nur noch mit Berlin antreten. Die Idee von Winterspielen in München hat derzeit mehr Charme und ganz gute Chancen. Aber da muss man mehr Ausdauer beweisen als mit Leipzig.

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