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Er ist die Figur des deutschen Fußballs. Nun wird gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Im Januar soll er sich selbst angezeigt haben.

© dpa

Bayern-Präsident Hoeneß und die Steuerhinterziehung: Auch du, Uli?

Uli Hoeneß war manchmal arrogant, aber immer auch menschlich und integer. Jetzt wird gegen ihn wegen Steuerhinterziehung ermittelt, es ist von mehreren hundert Millionen Euro die Rede. Eine menschliche Enttäuschung.

Nun also auch Uli Hoeneß. Uli Hoeneß, der sich einreiht in die Riege der Blender, Trickser und Vorteilsnehmer, die dieses Land mit all ihren Guttenbergs, Seehofers oder Buschkowkys so überreich hat. Noch weiß man nicht viel über Ausmaß der Steuerhinterziehung, die Uli Hoeneß begangen hat, nur, dass er sie begangen hat und sich nun selbst angezeigt hat. Man weiß nicht einmal, ob er diese Selbstanzeige aus freien Stücken vollzogen hat, oder erst nachdem er Hinweise bekommen hat, gegen ihn werde ermittelt. Der Umstand, dass er sich anzeigt, belegt, dass er Dreck am Stecken hat.

Der Autor dieser Zeilen, er kennt Hoeneß seit mehr als zwei Jahrzehnten und hat Streit mit ihm ausgefochten und Informationen ausgetauscht, zu Tisch und bei Wein mit ihm zusammengesessen, der Autor dieser Zeilen hätte seine Hand ins Feuer gelegt für das Gegenteil von Dreck am Stecken.

Integer. Das ist wohl das Wort, das Uli Hoeneß am trefflichsten beschreibt. Stets hat er polarisiert, gab manchmal den Arroganzling, manchmal den Selbstherrlichen. Aber dahinter versteckte er sich nicht, sondern war erkennbar, immer auch ein Mensch, der nicht berechnend ist, der auf Vorteil aus ist, auf Vorteil für den FC Bayern der nicht einfach ein Fußballverein ist, sondern der Fußballverein des Uli Hoeneß, der aber nicht den eigenen Vorteil sucht.

„Brutal menschlich“ hat mal ein ehemaliger Mitspieler gesagt, sei dieser Uli Hoeneß. Und vielleicht ist Steuerhinterziehung auch menschlich. Aber ist sie vereinbar mit Uli Hoeneß, der den Satz „die anderen Klubs gehen nach links in die Kreditabteilung, wir gehen nach rechts zum Festgeldkonto“ zum geflügelten Wort gemacht hat? Mit einem Mann, der den Fußball und nicht nur den deutschen Fußball mehr geprägt hat als Sepp Herberger? Und der hat immerhin das Wunder von Bern vollbracht und mit diesem einen Teil des bundesrepublikanischen Wirtschaftswunders.

Hoeneß hat die Gier nicht nötig

Auch ein Blender. Uli Hoeneß hat mit seiner Art stets polarisiert.
Auch ein Blender. Uli Hoeneß hat mit seiner Art stets polarisiert.

© AFP

Geprägt hat Uli Hoeneß nichts weniger als den Ruf deutschen Fußballs. Der ist, eben, integer. Da werden Gehälter gezahlt, wenn sie gezahlt werden müssen, da werden inzwischen keine Geschäfte und Transfers von Hasardeuren betrieben, die auf „Steine und Beine bauen“, was Borussia Dortmund fast in den Ruin getrieben hätte. Die Westfalen haben sich die Geschäftspolitik – muss man schon sagen, die vermeintliche Geschäftspolitik? – von Uli Hoeneß zum Vorbild genommen und stehen inzwischen glänzend da.

Und da wird mit echtem Geld gearbeitet und nicht wie in Spanien mit fiktivem oder von Steuerzahlern, nun ja, geborgtem, oder wie in England mit Geld von Anlegern, die sich dann als Heuschrecken herausstellen. Der deutsche Fußball, das deutsche Geschäft mit dem Fußball, steht seriös da. Dank Uli Hoeneß.

Oder dank nur eines besonders cleveren und verschlagenen Uli Hoeneß? Eines Uli Hoeneß, der genauso gierig ist, wie alle anderen Vorteilsnehmer? Nötig hat er die Gier nicht. Hoeneß hat als Spieler schon viel Geld verdient, als es im Fußball noch nicht um irrsinnige Summen ging. Er hat sich stets gut vermarktet und früh erkannt, dass Fußballspieler Unterhaltungskünstler sind, die einen Markt beliefern. Er hat als Manager des FC Bayern das Fußballgeschäft revolutioniert und visionär vorangetrieben, bis der FC Bayern da stand, wo er heute steht: bei den Größten des Weltfußballs. Und er hat als privater Geschäftsmann und Sohn eines Metzgers ein Wurstgeschäft aufgezogen, das man als Lieferant von Aldi und McDonald’s durchaus als Imperium bezeichnen kann. Er hat alles gewuppt.

Das hat ihn in Managerseminare gebracht, in denen er den aufrechten Gang propagierte, der auch möglich ist, wenn man Erfolg hat. Das hat ihn in Talkshows gebracht, in denen er der Politik den Spiegel vorhielt, und zwar dergestalt, dass man sich jederzeit in diesem Spiegel in die Augen schauen können muss. Das hat ihm kürzlich eine große Geschichte im „Spiegel“ gebracht, der ihn als Vorzeigedeutschen feierte.

Und nun: Uli Hoeneß, auch nicht besser als der Zumwinkel von der Post? Der mit der Selbstanzeige nur versucht zu retten, was nicht mehr zu retten ist? Zumindest ist Uli Hoeneß als Lichtgestalt des deutschen Fußballwesens beschädigt. Als Präsident des FC Bayern München? Auch das. Und wie es den FC Bayern zerwirft, wird sich zeigen. Fast hatte Uli Hoeneß den testamentarischen Satz widerlegt: Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Himmelreich gelangt. Leider nur fast.

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