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Kurven-Tanz. Die Mannschaft von Hertha BSC bedankt sich nach dem ersten Saisonsieg bei ihrem Anhang für die nicht selbstverständliche Unterstützung.

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Nach dem ersten Sieg in der Bundesliga: Hertha BSC kommt zu sich

Hertha BSC hat mit dem 1:0 über Wolfsburg nicht nur ein Spiel gewonnen, sondern auch eine Mannschaft gefunden. Fußballerisch hat das Team von Jos Luhukay aber noch viel Luft nach oben.

Genki Haraguchi und Hajime Hosogai hatten nach dem „Das-Spiel-vom-Vorabend-aus-den-Beinen-laufen“ alle Hände voll zu tun. Eine Hand voll Japanerinnen hatte ein gemaltes Plakat ihren Landsleuten mit zum Trainingsgeläuf gebracht und die beiden um Fotos und Autogramme gebeten. Haraguchi und Hosogai kamen den Wünschen in der ihnen gegebenen Auffassung von Höflichkeit, Fleiß und Ausdauer nach. Eine Mentalität, die auch Hertha BSC längst zu schätzen weiß. Der Bundesligist hat im Sommer in Genki Haraguchi einen zweiten Japaner neben Hosogai dazugeholt. Die kleine Fraktion aus Fernost steht für jene Qualitäten, die der Berliner Bundesligist in Zeiten wie diesen braucht, wo es nicht so läuft: Bereitschaft, Hingabe und Fleiß.

Es ist die Bereitschaft, sich bis zur Selbstaufgabe ins Zeug zu legen. Fußball ist und bleibt zuallererst ein Laufspiel. Dafür haben Japaner den idealen Körperbau. Dass sie aber damit auch noch Kämpfen bis zum Umfallen, hat viel mit Hingabe zu tun. Das waren genau die Qualitäten, mit denen am Mittwochabend ein fußballtechnisch gehaltvoller ausgestattetes Team aus Wolfsburg niedergerungen werden konnte. „Wir haben uns mit Herz und Willen und Leidenschaft diesen Sieg erarbeitet“, sagte Jos Luhukay hinter.

Hertha BSC zeigte Willen, Leidenschaft und Engagement

Genauso richtig war die Aussage seines Wolfsburger Kollegen Dieter Hecking, der beim Blick auf die statistischen Erhebungen über ein verlorenes Spiel sprach, „das wir nie hätten verlieren dürfen“. Zu überlegen waren die Gäste in Sachen Ballbesitz (70 Prozent) und gewonnene Zweikämpfe (62 Prozent). Allein fußballerische Parameter. Nicht erfasst aber werden Faktoren wie Wille, Leidenschaft und Engagement. Hierin war Hertha überlegen. „Diese Eigenschaften müssen wir in der Bundesliga immer abrufen. Wir müssen andere Dinge verbessern, aber diese Basics stimmen“, sagte Luhukay.

Die Art und Weise, wie der erste Saisonsieg zustande gekommen ist, darf als vertrauensbildende Maßnahme abgeheftet werden. Nach vier schwächeren Begegnungen in dieser Spielzeit stärkt das erste Erfolgserlebnis den Glauben und schafft Zutrauen. Nur über die Basics kann Hertha den Weg zurück zu Stabilität und Sicherheit finden. Auch dieses Mal stimmte fußballerisch wahrlich nicht viel. Zwei Chancen besaßen die Berliner. Eine nach einem eigentlich schon verlorenem Spielaufbau, der durch energisches Nachsetzen Marcel Ndjengs plötzlich zum Konter wurde und die Führung durch Salomon Kalou einbrachte. Die zweite ergab sich nach einem klassischen Konter, wobei Kalou am Gästetorhüter scheiterte.

Auch das Publikum honorierte die Leistung der Mannschaft

Dafür aber stimmte bei den Herthanern erstmals in dieser Bundesliga-Spielzeit die Konsequenz und die Korrektheit des eigenen Tuns. Was schließlich auch das Publikum honorierte. „Unsere Fans haben es nicht leicht mit uns“, sagte Luhukay erleichtert. Seine Mannschaft habe viel Kritik abbekommen, und auch im Innenverhältnis sei die Situation „nicht einfach“ gewesen.

Hosogai und Haraguchi stehen insofern stellvertretend für Herthas wiederentdeckte Leidenschaft, sie sind stilprägend. „Fleiß kann nie von der Armut eingeholt werden“, besagt ein japanisches Sprichwort. Und so sind sie fester Bestandteil der Mannschaft. Denn das war vielleicht die froheste Botschaft des Sieges: Hier hat sich endlich eine Mannschaft gefunden.

Mit Herz und Leidenschaft geht vieles, ohne diese Qualitäten nichts

„Ich möchte gern ein Gerüst erarbeiten, wodurch wir Stabilität und Sicherheit in unser Spiel reinkriegen“, sagte Luhukay, der im fünften Saisonspiel seine fünfte Startelf aufbot. Viele Neuzugänge und zahlreiche Verletzungen hätten ihm „gewisse Schwierigkeiten“ bereitet, eine klare Formation zu finden. Als Beispiel sei Fabian Lustenberger erwähnt, einer der Langzeitverletzten. Der Kapitän war sieben Monate außer Gefecht, hatte nach seiner Rückkehr Formrückstand, zeigte aber im „Überlebenskampf“ (Luhukay) gegen Wolfsburg kaum noch Wackler.

Die Grundformation ist gefunden. Darauf ließe sich aufbauen, sagte Luhukay. Wohlwissend, dass seine Mannschaft auch fußballerisch weiterkommen muss. Mit Herz und Leidenschaft geht vieles, ohne diese Qualitäten nichts. „Das ist jetzt die Messlatte in Sachen Einstellung und Laufbereitschaft“, sagte Manager Michael Preetz. Der Rest geht dann gleich viel leichter von der Hand.

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