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Nicht zu fassen: Barca, hier Verteidiger Bartra, erlebte in in München ein fußballerisches Desaster.

© Reuters

Barcelona in der Krise: Ende der Dominanz

Das historische Debakel von München markiert einen Wendepunkt für den FC Barcelona: Die Zeit, in der die Katalanen den europäischen Fußball diktierten, scheint nun beendet zu sein.

München - Einmal war an diesem Abend doch noch alles wie immer und Lionel Messi stand im Mittelpunkt. Kurz vor Mitternacht wollte der Angreifer des FC Barcelona mit finsterer Miene in den Mannschaftsbus entschwinden, als ihn jemand am Arm packte. Schnell noch ein Foto mit dem aktuellen Weltfußballer abgreifen, un momento, por favor. Wer weiß, wann sich die Gelegenheit dazu wieder ergibt? Und weil er Messi gerade am Wickel hatte, holte er auch noch seine Frau und einige Freunde mit aufs Bild.

Der Mann war Franck Ribéry. Gemessen am Spiel hätte sich Messi um ein Foto mit Ribéry bemühen müssen. 0:4 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League, ein Erdrutsch von einem Ergebnis. So hoch hatte Barcelona im Finale der besten Vereinsmannschaften 1994 gegen den AC Mailand verloren. Drei Jahre später gab es gegen Dynamo Kiew das gleiche Resultat. Lionel Messi war damals zehn Jahre alt und lebte noch in Rosario, Argentinien. Dass die Niederlage von München historische Dimensionen hatte, wusste aber auch er. Messi sagte: „Es ist sehr traurig und eine Schande. Wenn wir das nicht mehr aufholen, müssen wir bereits an die nächste Saison denken.“

Noch nie ist es einer Mannschaft in der Champions League gelungen, ein 0:4 aufzuholen. Für den FC Barcelona markierte die Dienstagnacht einen Wendepunkt.

Knapp fünf Jahre hatte der Verein das Geschehen im weltweiten Klubfußball dominiert. Mit der Amtsübernahme Josep Guardiolas als Trainer brach ab 2008 eine ungekannte Titelflut über den Verein herein. Alles, was es zu gewinnen gab, wurde gewonnen, in doppelter oder dreifacher Ausführung. Beinahe noch wichtiger als die Pokale war die Art und Weise, wie die Siege zustande kamen. Tika-Taka, Barcelonas Kurzpassspiel, iniziiert von den Strategen Xavi Hernandez und Andres Iniesta, wurde im Fußball weltweit ein Begriff und zum Maß aller Dinge erhoben. Andere versuchten sich an Barcelona zu orientieren, sei es bei der Spielweise oder der Jugendausbildung. Am Dienstag standen bei den Spaniern neun Spieler in der Startformation, die in der eigenen Nachwuchsakademie ausgebildet wurden. Auf dem Höhepunkt vor zwei Jahren gab es Stimmen im Verein, die nur noch Spieler aus La Masia sehen wollten. Guardiola soll dazu gehört haben, aber er ist längst weg, heuerte in München an und von Barcelona ohne Spieler von außen ist keine Rede mehr.

In München ging eine Ära zu Ende, das hatte sich in den Monaten zuvor angekündigt, Niederlagen gegen Real Madrid und den AC Mailand waren die Vorboten. Spielmacher Xavis Zenit scheint mit 33 Jahren überschritten. Nun wurde deutlich, dass Barcelona dringend einer Blutauffrischung bedarf. „Sie haben uns eine Lehrstunde erteilt“, sagte Gerard Piqué. Er wird auch in Zukunft ein Pfeiler beim FC Barcelona sein, für ihn sucht Sportdirektor Andoni Zubizarreta einen Partner in der Innenverteidigung. Dortmunds Mats Hummels gilt als Kandidat. Er könnte helfen, die Anfälligkeit Barcelonas bei hohen Bällen zu beheben. „Sie waren uns körperlich überlegen“, sagte Messi.

Der Argentinier könnte ebenfalls bald einen neuen Nebenmann im Angriff bekommen. Der Brasilianer Neymar besitzt angeblich einen Vorvertrag, um die 50 Millionen Euro soll man bereit sein, für ihn zu zahlen. Aber Neymar will ungern den FC Santos verlassen. Andere wie David Villa sollen gehen. Angeblich ist Inter Mailand bereit, für den Chilenen Alexis Sanchez bis zu 30 Millionen zu zahlen. Dani Alves könnte sich auch verabschieden. Er gestand wie alle Barça-Spieler die Niederlage ein: „Wenn man auf einen stärkeren Rivalen trifft, kann man ihm nur gratulieren.“ In seinen Worten lag etwas Besonderes. Wirklich besser war gegen Barcelona zuletzt kaum ein Team. Bis Dienstag. F. Fuchs/S. Stier

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