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Ziemlich starke Rauchwolke.

© imago/Bernd König

Pyrotechnik im Berliner Olympiastadion: Tom Schreiber: "Sicherheitskonzept für Pokalfinale gescheitert"

Trotz strenger Kontrollen wurde beim DFB-Pokalfinale am Sonnabend Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt. Politiker kritisieren Sicherheitskonzept.

Von Sandra Dassler

Es war ein Fußballfest, ein wunderbares Pokalfinale, eine tolle Stimmung in ganz Berlin – darin waren sich am späten Samstagabend alle einig. Nur über die Feuer und die Rauchbomben, die in der Halbzeitpause vom Block der Borussia-Dortmund-Fans das Olympiastadion verdunkelten, gingen die Meinungen ziemlich auseinander: Für die einen waren sie ein zwar unschöner Zwischenfall, der aber letztlich zu fast jedem Bundesliga-Spiel mehr oder weniger dazugehöre. Für die anderen ein ernster Grund zur Sorge.

„Man fragt sich schon gerade in diesen Zeiten, wie so viel Pyrotechnik ins Stadion gelangen konnte“, sagt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Hakan Tas, am Sonntag. Er sei selbst im Stadion gewesen und habe die verwunderten Blicke vieler Zuschauer gesehen: „Man weiß ja auch nie, was die da gerade anzünden, und das waren schon mehrere Feuer und übrigens auch ziemlich laute Böller.“

Auch der Spandauer Abgeordnete Peter Trapp (CDU), der zugleich Vorsitzender des Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses ist, war entsetzt. „Es kam zu einer so starken Rauchentwicklung, dass man die Sondertribüne nicht mehr sehen konnte“, sagt er. „Die da Böller und Bengalos gezündet haben, nahmen Gefährdungen von Spielern und Zuschauern bewusst in Kauf, sie müssen hart bestraft werden.“

Soziale Netzwerke geben Aufschluss

Im vergangenen Jahr hatte Trapp ähnliches erlebt, als er mit seinem kleinen Enkel direkt über den Fans von Borussia Dortmund saß, erzählt er: „Dieses Mal habe ich ihn gar nicht erst mitgenommen, das konnte ich nicht verantworten.“

Wie die Pyrotechnik in die Stadien gelangt sein könnte, kann man in den sozialen Netzwerken nachlesen. „Bei mir tasten die immer in der Jacke rum“, schreibt ein Fan: „Dann fühlen sie ein Handy und machen weiter, fühlen die Brieftasche und machen weiter, fühlen den Kugelschreiber und machen weiter. Sie kontrollieren aber nicht, ob es wirklich diese Gegenstände sind.“ Ein anderer rät: „Man wirft die Bengalos über Zäune, versteckt sie in Schuhen oder in diversen Körperöffnungen – es gibt so viele Möglichkeiten, sie ins Stadion zu bringen.“

Am Sonnabend kam aber noch eine weitere Methode zur Anwendung. Laut Polizei versammelten sich gegen 16.45 Uhr viele Borussia-Dortmund-Fans am Coubertinplatz vor dem Südtor des Olympiastadions. Gegen 17.10 Uhr stürmten sie auf die Sicherheitskräfte ein, die eigentlich die Besucher Kontrollen sollten, und gelangten nach Angaben eines Polizeisprechers ins Stadion. Wie viele Personen es genau waren, konnte er nicht sagen, nach Tagesspiegel-Informationen handelte es sich etwa um 20 Menschen.

Vorfälle kommen bei vielen Spielen vor

Die Polizei sei sofort vor Ort gewesen und habe die Situation schnell unter Kontrolle gehabt, sagte der Sprecher weiter. Ob allerdings alle Personen, die ohne Kontrolle ins Stadion gelangt seien, ermittelt werden konnten, wusste er nicht. Zuschauer berichteten, dass im Borussia-Block zunächst eine riesige Fahne entrollt wurde, hinter der dann offensichtlich die Pyrotechnik zusammengebaut und gezündet wurde.

Für die Einlasskontrollen und den Schutz im Olympiastadion ist ein Sicherheitsunternehmen verantwortlich, dort war am Sonntag niemand für eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen zu erreichen. Vom Deutschen Fußballbund hieß es, solche Vorfälle kämen leider bei vielen Spielen vor. Absolute Sicherheit könne es nicht geben, wenn man keinen Polizeistaat wolle.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), der am Sonnabend auch im Olympiastadion war, sagte dem Tagesspiegel: „Wir haben einen im wesentlichen friedlichen Fußballabend erlebt.“ Leider hätten einige wenige Chaoten das Spiel gestört, so Henkel weiter: „Die Polizei ist den Sicherheitskräften im Stadion sofort zur Hilfe gekommen und hat konsequent und routiniert durchgegriffen. Auch bei den Fanmeilen zur EM wird unsere Polizei eine friedliche und fröhliche Fankultur begleiten und gegen mögliche Störer mit aller Härte durchgreifen.“

Schreiber kritisiert Sicherheitskonzept

„Das ist das typische Henkelsche Schönreden“, findet der SPD-Abgeordnete und Innenexperte Tom Schreiber: „Man muss doch einmal klar festhalten, dass das Sicherheitskonzept der Berliner Behörden für dieses DFB-Pokalfinale gescheitert ist.“ Schreiber fragt sich zudem, warum man während des Entzündens der Pyrotechnik nicht härter durchgegriffen hat: „Ich wage im übrigen gar nicht, mir auszumalen, wenn das nicht ein paar Chaoten, sondern Terroristen gewesen wären, was in diesen Zeiten ja nicht völlig abwegig ist.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der auch im Stadion war, hatte durchaus besorgt gewirkt, als die Rauchwolke aufstieg. Das Bundesinnenministerium wollte jedoch keine Stellungnahme abgeben, dafür seien das Land Berlin und der Veranstalter DFB zuständig, hieß es. Aus Sicherheitskreisen verlautete, es sei schon ein Unterschied zwischen Pyrotechnik und Gewehren beziehungsweise Bomben, die Menschen töten könnten. Außerdem habe man die Lage mit allen Beteiligten abgestimmt.

Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz gab es im Stadion laut Polizei nur fünf. Täter konnten bislang nicht ausfindig gemacht werden. Man hoffe aber auf die Videoauswertung.

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