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29. Juli: Endlich: Nach einem aus deutscher Sicht enttäuschenden Auftakt der Leichtathletik-EM in Barcelona holt Verena Sailer überraschend den Titel im 100-Meter-Finale.

© AFP

Leichtathletik-EM: Deutschland hat wieder eine Sprint-Königin

Die deutsche Meisterin Verena Sailer ist die neue "Sprint-Königin" in Europa. Die 24-Jährige aus Mannheim stürmte bei den Europameisterschaften in Barcelona sensationell zum Titelgewinn.

Vielleicht hat ihr einfach jemand zum in den Arm nehmen gefehlt. Jedenfalls fielen sich die beiden Französinnen neben Verena Sailer in die Arme, juchzten laut und und hüpften auf und ab vor Freude. Veronique Mang und und Myriam Soumare waren auf die Plätze zwei und drei über 100 Meter gelaufen. Die blonde deutsche Sprinterin aber strahlte nur über beide Wangen und hielt eine deutsche Fahne in die Kamera. Offenbar konnte sie ihr Glück noch gar nicht so richtig fassen: Verena Sailer, 24 Jahre alt, ist seit Donnerstagabend neue Europameisterin über 100 Meter.

"Wahnsinn, Wahnsinn“ sagt sie, „wir haben es geschafft.“ Sie hatte sich im Finale auf den zweiten 50 Metern einen leichten Vorsprung verschafft, hatte auf den letzten Metern Stehvermögen gezeigt und war mit einer Hundertstelsekunde Vorsprung vor Veronique Mang und mit der neuen persönlichen Bestleistung von 11,10 über die Ziellinie gesprintet. „Die Zeit ist mir total egal“, sagte sie, „ich wollte einfach nur gewinnen.“ Auch der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Clemens Prokop, freute sich: „Eine Medaille im Sprint ist etwas ganz Besonderes, das ist historisch.“ Als letzter deutschen Sprinterin war Katrin Krabbe bei der EM 1990 ein Sieg über 100 Meter gelungen, insgesamt gewann sie damals drei Goldmedaillen. 1992 wurde sie dann des Dopings überführt.

Fast den Sieg verstolpert

Bereits in den Vorläufen hatte sich angedeutet, dass Verena Sailer in Barcelona sehr gute Medaillenchancen besitzt. „Nach dem Zwischenlauf kam das Adrenalin hoch, da habe ich nur noch gezittert“, sagte sie. Anschließend bot sie im Halbfinale für ein bemerkenswertes Rennen. Obwohl sie einen schlechten Start hatte und wegen ihrer großen Vorlage fast noch gestolpert wäre, rannte sie 11,06 Sekunden. Allerdings herrschte ein Rückenwind von 2,2 Metern. Immerhin: Die 24-Jährige war zum ersten Mal in dieser Saison ein wichtiges Rennen mit Rückenwind und nicht mit Gegenwind gelaufen. Auch im Vorlauf wehte ihr der Wind entgegen, als sie 11,27 Sekunden lief.

Verena Sailer hatte bereits bei der Hallen-EM 2009 die Bronzemedaille über 60 Meter gewonnen. Allerdings startet sie traditionell auch immer etwas langsam in die Freiluftsaison. Das hängt auch mit dem harten Training im Frühjahr zusammen. In Mannheim, wo sie trainiert, arbeitet sie jetzt konzentrierter als früher im Kraftbereich, zudem hat sie ihre Sprintausdauer verbessert. Aber sie ist auch eine sehr konstante Läuferin. Seit 2006 ist die Sportmanagement-Studentin ununterbrochen Deutsche Meisterin über 100 Meter. In Braunschweig, bei den diesjährigen Titelkämpfen eine Woche vor der EM, siegte sie mit 11,23 Sekunden. Bis zu den Europameisterschaften war dies ihre Saisonbestzeit.

Hoffnungen für ein Staffelsieg steigen

Für die Staffel steigen jetzt auch die Hoffnungen auf eine Medaille. Und das, obwohl Anne Möllinger gestern Abend ihren Halbfinal-Lauf völlig verpatzt hatte und mit schwachen 11,60 Sekunden nur auf den letzten Platz gekommen war. Die deutsche Staffel hatte bei der WM 2009 in Berlin mit einem furiosen Auftritt die Bronzemedaille gewonnen.

Verena Sailer war die Schlussläuferin, sie stürzte ins Ziel und scheuerte sich dabei den Oberschenkel auf. Es war das Bild des Tages. Und erst als sie auf dem Boden lag, war sie sich sicher, dass sie mit dem Team Bronze gewonnen hatte. Das Video betrachten sich die deutschen Sprinterinnen immer wieder zur Motivation. Bei einem Lehrgang im November hatte die Staffel noch mal vor dem Fernseher gesessen. „Da kommen die ganzen Emotionen erneut hoch, meistens habe ich sogar Gänsehaut“, sagte Verena Sailer.

Die Deutsche Meisterin über 100 Meter mit der Goldmedaille von Barcelona einen hervorragende Saison gekrönt. Vor fünf Jahren noch stand die Allgäuerin neben der Laufbahn. Damals arbeitete sie als Praktikantin beim Berliner Stadionfest Istaf. Spätestens seit Donnerstag hat sie auch die Meisterprüfung bestanden.

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