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Die Engländer bleiben Ihrer Tradition treu: Sie kriegen Ihr chronisches Torwartproblem einfach nicht in den Griff. So reiht sich Robert Green ein in die Galerie der britischen Pannenkeeper von Seaman bis "Calamity" James und lässt einen haltbaren Schuss des US-Amerikaners Clint Dempsey zum 1:1 durch die Handschuhe rutschen. Bei diesem Ergebnis bleibt es auch bis zum Schluss.

© AFP

England - USA 1:1: Auch unter Capello hält sich England an die Tradition

Eine schlechte Tradition setzt sich fort: Wegen eines Torwartfehlers kommt das englische Team in seinem ersten Spiel bei der WM in Südafrika über ein 1:1 gegen die USA nicht hinaus. Trainer Capello gibt dem Ball die Schuld.

Der Druck, der auf ihnen lastete, war nicht zu übersehen. Als die Spieler der englischen Nationalmannschaft gestern Abend im Stadion in Rustenburg standen, kurz bevor sie zur Nationalhymne auf den Rasen traten, waren bei ihnen nur ernste Gesichter zu sehen. Nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Carlos Simon aus Brasilien waren sie noch immer ernst – und dazu bitter enttäuscht. Mit dem 1:1 (1:1) gegen die USA war der Start des vermeintlichen WM-Titelkandidaten beim Turnier in Südafrika misslungen. Die US-Amerikaner dürften damit hochzufrieden sein. Mit Erfolgen gegen die nächsten Kontrahenten Slowenien und Algerien in der Gruppe C peilen sie das Achtelfinale an, in dem die deutsche Mannschaft der Gegner sein könnte.

Zunächst gelang den Engländern allerdings ein großartiger Start. Steven Gerrard, der neue Kapitän des Teams, erzielte schon nach vier Minuten das 1:0. Doch kurz vor der Pause gerieten sie in eine Schockstarre. Torwart Robert Green unterlief ein haarsträubender Fehler, er ließ einen hoppelnden Distanzschuss von Clint Dempsey auf die Mitte des Tores völlig ungelenk durch die Hände gleiten und zum 1:1 ins Netz trudeln. Trotz des „dummen Gegentreffers“ wollte Gerrard den Torwart „nicht kritisieren. Wir müssen ihn nun unterstützen, dann wird er sicher stärker werden“. Für Trainer Fabio Capello war offenbar der Ball schuld. "Ich habe mit einigen Spielern gesprochen und sie sagen, dass der Ball im letzten Moment die Richtung ändert", sagte Capello laut der britischen Zeitung "Daily Mirror" nach dem Spiel.

Der verletzte Topstar David Beckham stand im feinen Anzug vor der Ersatzbank und machte nach Greens Fehler ein langes Gesicht. Capello wendete sich mit Grausen ab. In einigen Szenen zuvor hatte der Italiener fast einen Wutanfall wegen missratener Aktionen seiner Spieler bekommen. Steven Gerrard erfüllte die Erwartungen, doch Wayne Rooney und Frank Lampard agierten weitgehend wirkungslos.

Das größte Missgeschick aber unterlief Green. Es war eine neue Folge in der Geschichte: England und seine Keeper. Seit Peter Shilton haben die Briten keinen richtig verlässlichen Torwart mehr. Capello hatte wegen der mangelnden Qualität seine Torwart-Wahl lange offen gelassen und sich schließlich für den 30-jährigen Green von West Ham anstelle von David James (39, Portsmouth) und Joe Hart (23, Birmingham) entschieden.

Viel lockerer gingen die Amerikaner die Partie an, die in ihrer Heimat ein vergleichsweise großes Interesse hervorrufen. Mit der Hand auf dem Herzen hörten sie ihre Hymne und ließen sich auch nicht von der klaren Übermacht der englischen Fans in dem mit 38.646 Zuschauern besetzten Royal-Bafokeng-Stadion beeindrucken. Rund 20.000 Engländer hatten allerdings Schwierigkeiten, sich mit ihren Gesängen gegen den Vuvuzela-Lärmteppich durchzusetzen. Und als dann "Rule Britannia" und "God Save The Queen" zwischenzeitlich doch lauter wurden, klang das angesichts des Spielstands eher trotzig.

Als sich die Amerikaner vom frühen Rückstand erholt hatten, kamen sie immer besser ins Spiel. Der Außenseiter erarbeitete sich mehr Spielanteile, gab mehr Torschüsse ab. Die Engländer wehrten sich mit Härte und setzten US-Torwart Tim Howard stärker unter Druck. Gegen Glen Johnson vor der Pause und Lampard, Heskey sowie Shaun Wright-Phillips in der zweiten Halbzeit zeichnete sich der 31 Jahre alte Keeper vom FC Everton aus. Er rettete schließlich den verdienten Punkt der Amerikaner, die durch Jozy Altidore sogar die Chance zum Siegtor hatten. Green, der erneut unsicher wirkte, lenkte den Schuss aber mit viel Glück an den Pfosten.

Der zum „Spieler des Spiels“ gekürte US-Keeper Tim Howard war mit dem Teilerfolg und dem Auftritt seines Teams zufrieden: „Die Leistung hat gestimmt. Das gibt uns Hoffnung für den weiteren Turnier-Verlauf“, sagte Howard.

„Natürlich wollten wir gewinnen, aber es ist auch immer wichtig, dass man das erste Spiel nicht verliert. So können wir in der Gruppe C noch immer auf sieben Punkte kommen“, sagte der alles in allem aber doch enttäuscht wirkende englische Kapitän Gerrard. "Im nächsten Spiel sind wir besser", sagte Trainer Capello und gab immerhin zu: "Dieses Ergebnis war nicht gut."

Gregor Derichs

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