zum Hauptinhalt
Diesmal trifft er. Mesut Özil schießt Deutschland mit 1:0 in Führung.

© dpa

Ghana - Deutschland 0:1: Özil schießt Deutschland ins Achtelfinale

Deutschland steht im Achtelfinale der Fußball-WM. Tagesspiegel-WM-Reporter Michael Rosentritt sieht beim 1:0-Sieg gegen Ghana ein spektakuläres Tor von Mesut Özil. Auch die Afrikaner kommen weiter. Das deutsche Team spielt nun am Sonntag gegen England.

Sie zitterten, sie zweifelten, sie schwammen – am Ende aber ist die deutsche Nationalmannschaft ihrem Ruf wieder einmal gerecht geworden. Wenn es wirklich ernst wird, ist auf sie Verlass. So war es auch gestern Abend im Soccer-City-Stadion von Johannesburg. Durch einen glücklichen 1:0 (0:0)-Erfolg über Ghana zogen die Deutschen ins Achtelfinale der Weltmeisterschaft ein. Weil im Parallelspiel Australien Serbien besiegte, konnten auch die Ghanaer jubeln. Sie stehen ebenfalls in der nächsten Runde, als einzige afrikanische Mannschaft bei der ersten WM auf afrikaninschem Boden.

Zwei Änderungen hatte Bundestrainer Joachim Löw nach der Niederlage gegen Serbien vorgenommen: Der gesperrte Miroslav Klose wurde im Sturm wie erwartet vom Stuttgarter Cacau ersetzt; etwas überraschend war es, dass auch Holger Badstuber seinen Platz in der Startelf räumen musste. Für ihn kam Jerome Boateng zu seinem WM-Debüt. Genauso überraschend war es, dass Philipp Lahm auf der rechten Seite blieb und Boateng Badstubers Position links in der Viererkette einnahm – eine ungewohnte, aber keine gänzlich neue Rolle für den Hamburger. In der vergangenen Saison hatte Boateng drei Mal als linker Außenverteidiger für den HSV gespielt.

Obwohl den Ghanaern ein Unentschieden zum Weiterkommen reichte, war es keineswegs so, dass sie sich vor dem eigenen Strafraum verschanzten. Sie attackierten die Deutschen schon beim Spielaufbau, und weil die Mannschaft von Joachim Löw gewinnen musste, um sicher das Achtelfinale zu erreichen, und entsprechend offensiv ausgerichtet war, entwickelte sich eine offene, wenn auch ästhetisch nicht allzu anspruchsvolle Begegnung.

Weil die Deutschen Richard Kingson im ghanaischen Tor als vermeintliche Schwachstelle ausgemacht hatten, probierten sie es immer wieder mit Schüssen aus der Distanz. Schon in der dritten Minute wagte Cacau den ersten Versuch; sein Schuss aber bereitete Ghanas Torhüter keine Probleme. Gefährlicher war es da schon, als Jonathan Mensah eine Hereingabe von Lukas Podolski auf den kurzen Pfosten des eigenen Tores lenkte – Kingson aber ließ sich nicht übertölpeln.

Auch die Deutschen aber wirkten in der Abwehr nicht immer sicher. Vor allem Per Mertesacker leistete sich einige Fehler, die man von ihm sonst nicht gewohnt ist. Ein Zeichen von Nervosität? „Man merkt schon ein bisschen die Anspannung im Team“, sagte Löws Assistent Hans-Dieter Flick zur Pause. Die Souveränität, die das deutsche Team in ihrem Auftaktmatch gegen Australien ausgezeichnet hatte, scheint irgendwann rund um die Niederlage gegen Serbien verflogen zu sein. Mesut Özil hatte nach einer knappen halben Stunde die beste Möglichkeit, die Nerven zu beruhigen. Nach einem Pass von Cacau lief der Bremer alleine auf Kingson zu. Doch wie schon gegen Australien scheiterte er im Duell mit dem Torhüter.

Kurz darauf hatten die Deutschen großes Glück, dass sie nicht selbst in Rückstand gerieten. Nach der ersten Ecke für Ghana wehrte Philipp Lahm auf der Linie den Kopfball von Asamoah Gyan ab. Die Mannschaft von Joachim Löw schaffte es nicht, die Afrikaner dauerhaft unter Druck zu setzen. Ihr Auftritt war zu langsam, zu unkonkret und ohne richtigen Druck. Auch das Spiel ohne Ball wies große Mängel auf. Zudem machte es sich negativ bemerkbar, dass Cacau ein ganz anderer Stürmertyp ist als Miroslav Klose. Seine Spielwiese ist der gesamte Platz, die deutsche Mannschaft aber hätte gestern einen klaren Anspielpunkt in der Spitze benötigt.

Löw trug der Mannschaft in der Pause auf, das Tempo zu verschärfen und mehr in die Tiefe zu spielen. Die Umsetzung aber blieb zunächst mangelhaft. Der Aufbau im Mittelfeld wurde eher schleppender, die Fehler häuften sich, und auch in der Defensive wirkten die Deutschen weiterhin nicht sicher. Fünf Minuten nach der Pause hatten die Ghanaer die erste Chance der zweiten Hälfte – und was für eine! Nach einem langen Pass sah sich Deutschlands Torwart Manuel Neuer Kwadwo Asamaoh entgegen, der Schalker entschied das Duell für sich. Nicht auszudenken, wenn die Mannschaft in ihrem flatterhaften Zustand in Rückstand geraten wären.

Es sah schon danach aus, als müssten die Deutschen auf die Hilfe der Australier im Parallelspiel hoffen, dann aber zeigte Mesut Özil, was in ihm steckt. 20 Meter vor dem Tor nahm er einen Pass von Thomas Müller an, er ließ den Ball einmal aufspringen und beförderte ihn dann aus der fließenden Bewegung zum 1:0 ins Tor. Zwei Unaufmerksamkeiten leisteten die Deutschen sich noch in der Abwehr, dann hatten sie die Angelegenheit endgültig im Griff. Trotzdem gab es noch eine schlechte Nachricht für Bundestrainer Löw: Bastian Schweinsteiger musste kurz vor Schluss ausgewechselt werden. Er fasste sich immer wieder an den hinteren linken Oberschenkel und wurde nach seiner Auswechslung noch gleich an der Seitenlinie behandelt. Ob er bis Sonntag, wenn die Deutschen ihr Achtelfinale gegen England bestreiten, wieder fit wird, ist zumindest fraglich.

Zur Startseite