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Saisonstart in die Zweite Liga: Wo ist bei Hertha die Woge der Begeisterung?

Den Ergebnissen nach hat Hertha BSC einen ordentlichen Saisonstart hingelegt. Aber den bisherigen Auftritten der Mannschaft fehlt das Mitreißende – auch beim 2:2 in Duisburg.

Fabian Lustenberger meisterte auch die letzte Prüfung des Abends mit Bravour. Der Defensivallrounder von Hertha BSC sah sich dem Mitarbeiter des vereinseigenen Fernsehkanals gegenüber. Ein Flutlichtspiel vor 12.000 Zuschauern in Duisburg, seien das nicht die Abende für die man Fußballprofi geworden sei, wollte der Reporter wissen. Lustenberger ließ sich nichts anmerken. Montagsspiele in der Zweiten Liga und halbleeren Stadien sind natürlich nicht das, wovon sie bei Hertha träumen. Im Gegenteil: Der Verein will so schnell wie möglich raus aus dieser Liga. Am Montag, beim MSV Duisburg, hat die Mannschaft allerdings eine günstige Gelegenheit verpasst, dieses Begehren mit Nachdruck zu dokumentieren.

Mit einem Sieg wären die Berliner zum ersten Mal in dieser Saison auf einen Aufstiegsplatz gehopst; ein Erfolg mit drei Toren Differenz hätte sie sogar auf Platz zwei gehievt. Für einen selbsterklärten Aufstiegsanwärter, der sich einen Kader zu Erstligakonditionen leistet, sollte das gegen den Tabellenletzten zumindest in der Theorie möglich sein. Am Ende aber reichte es für Hertha beim immer noch sieglosen MSV nur zu einem 2:2-Unentschieden. „Und damit müssen wir noch sehr froh sein“, sagte Trainer Jos Luhukay. Trotz früher Führung geriet seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit sogar in Rückstand, ehe Sandro Wagner mit seinem dritten Saisontreffer den Berlinern wenigstens einen Punkt rettete. „Das ist zu wenig für unsere Ansprüche“, klagte der Torschütze.

Hier können Sie unsere Livedebatte zum Spiel gegen den MSV Duisburg nachlesen

Ob Hertha schon Gefahr laufe, den Anschluss an die Aufstiegsplätze zu verlieren, wurde Wagner nach dem Spiel gefragt. „Wir sind voll dabei“, antwortete er, außerdem müsse es gestattet sein, auswärts auch mal unentschieden zu spielen. Der bisherige Ertrag der Berliner ist ja in der Tat nicht schlecht. Seit nunmehr sechs Spielen ist die Mannschaft ungeschlagen, sie ist damit vermutlich sogar besser durch die Findungsphase zu Saisonbeginn gekommen, als Trainer Luhukay das erwartet hätte. Erfreulich ist auch, dass sich Hertha von Rückschlägen nicht nachhaltig beeindrucken lässt. In Duisburg musste kurz vor der Pause der nächste Abwehrspieler verletzt von Feld, und wie Maik Franz droht auch Felix Bastians eine längere Pause. Er hat sich mindestens einen Außenbandriss im Knie zugezogen. „In der Innenverteidigung haben wir das Glück nicht an unserer Seite“, sagte Luhukay.

Doch unabhängig von den zuletzt erträglichen Resultaten der Berliner: Die Zwischenbilanz fällt, wie das Spiel in Duisburg, ein bisschen unentschieden aus. Abgesehen vom Derby-Sieg gegen Union fehlt Herthas Vortrag bisher das Mitreißende. Die Mannschaft hat die Woge der Begeisterung noch nicht erwischt. Der mühsame 2:0-Heimerfolg gegen den Aufsteiger Aalen war der höchste Saisonsieg; Spiele wie das gegen Dresden (1:0) oder die erste Halbzeit beim Tabellenletzten Duisburg haben den Eindruck entstehen lassen, dass die Mannschaft nicht mehr tut, als ihr unbedingt notwendig erscheint. Gegen den MSV erwies sich das als verhängnisvoller Fehler. „Das war ein bisschen zu wenig“, klagte Fabian Lustenberger.

In der ersten Halbzeit hatte Hertha den Gegner nach dem frühen 1:0 durch Roman Hubnik eigentlich im Griff, aber die Mannschaft versäumte es, ihre Überlegenheit entschlossen auszuspielen und den MSV mit einem zweiten Tor vorzeitig zu demoralisieren. Dass die Berliner sich nachher auch noch für ihren Auftritt vor der Pause rühmten, wirkte angesichts des späteren Spielausgangs seltsam deplatziert. Obwohl die Duisburger in der zweiten Hälfte ihren Vorsprung durch zwei Tore von Srdjan Baljak wieder einbüßten, konnten sie mehr Zuversicht aus dem Spiel ziehen als die Berliner, die, gemessen an ihrem Auftritt nach der Pause, noch zu einem glücklichen Punktgewinn kamen.

Im Fußball zählt am Ende nur das Ergebnis, eine B-Note für ansprechendes Spiel gibt es nicht. Aber ein bisschen mehr Begeisterung im und um das Team würde dem Unternehmen Wiederaufstieg ganz sicher nicht schaden – zumal nach der blamablen Vorsaison, mit der die Hertha bei ihren Fans viel Wohlwollen eingebüßt hat. Vor zwei Jahren hat sich gezeigt, wie wichtig das über die lange Strecke einer Saison sein kann.

Damals hat das Team den Anhang gleich gepackt, das Stadion war meistens voll, und der Zwangsaufenthalt in der Zweiten Liga wurde einfach in ein skurriles Spaßevent umgedeutet. Davon ist Hertha im Moment noch weit entfernt.

Am Freitag hat Hertha die nächste Chance, die Spielzeit emotional aufzuladen. Im Olympiastadion kommt es gegen 1860 München zum ersten Spitzenspiel der Saison. Die Münchner liegen auf dem Relegationsplatz, mit einem Sieg könnten die Berliner an ihnen vorbeiziehen. Für Sandro Wagner, den gebürtigen Münchner, ist das aber nicht nur deshalb ein besonderes Spiel. In seiner Familie gibt es einige Sechziger-Fans. „Die reden alle schon vom Aufstieg“, hat Wagner am Montagabend erzählt. „Die müssen wir jetzt auf den Boden der Tatsachen zurückholen.“

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