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Hochspringerin Ariane Friedrich: Ähnlichkeiten mit einer Koryphäe.

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Tanz und Sport: Volle Kraft heraus

Ihre Karrieren ähneln sich, ihre Bewegungen auch: Sportler und Tänzer lernen, Beherrschung zu entfalten. Beide arbeiten mit und an ihren Körpern - das sieht gleich aus und unterscheidet sich doch.

Sport heißt immer: sich öffnen. Ob man sich nun in der Mannschaft oder als Einzelkämpfer verausgabt, stets kehrt man alle innere Kraft nach außen. So ist es auch beim Tanz und seiner grazilsten Form, dem Ballett – immer volle Kraft heraus . Dabei noch stark im Ausdruck zu sein, darin besteht wohl die Kunst.

In ihrer Darstellung, ihrer Performance, erscheinen Sportler und Tänzer wie verwandt; die Bilder von ihnen, nebeneinandergelegt, gleichen sich fast bis ins Detail. Gestreckte Muskeln beim Sprung, gereckte Körper im Flug, Menschen in gelöster Anspannung und in synchroner Bewegung: Sehen sie nicht aus wie Tänzer, die Sportler? Und umgekehrt sowieso?

Die Karrieren jedenfalls ähneln sich: Viele Turner und Eiskunstläufer durchlaufen eine Ballettausbildung, um zu lernen, wie sich Beherrschung entfalten lässt. Und es gibt kaum Künstler, die ihre Körper so hart trainieren müssen wie Solotänzer. Die meisten Menschen, die sich derart verausgaben für sich und ihr Publikum, können nur in jungen Jahren mit der Spitze mithalten. Mit Mitte 30 müssen Athleten und Ballerinen oft eine neue Karriere beginnen – die sollte schon vorbereitet werden, während man noch seinen Körper bis aufs Äußerste spannt.

Um Grenzen zu überfliegen, muten sich nicht nur Sportler eine Menge zu

Balletttänzer müssen sprungstark sein und doch federleicht; oft sind sie mager wie Skispringer. Um Grenzen zu überfliegen, muten sich nicht nur Spitzensportler eine Menge zu. Aus den Dopingskandalen der Neuzeit lässt sich ersehen, wie mancher noch so athletische Körper überdehnt wird. Und einige im Publikum stellen Fragen: Ist es das wert? Ist das noch schön?

Balletttanz sieht schön aus – schöner noch als der Leistungssport. Manches Detail gleicht sich eben doch nicht: Die Beine einer Solistin sind perfekt gestreckt, die Arme einer Koryphäe anmutig gerundet, der Körper einer Ballerina richtet sich selbst im Flug auf, alles mit scheinbarer Leichtigkeit. Die Bewegungen auf den Bühnen, auf denen es nicht um Weiten und Zeiten geht, sondern um den bleibenden Ausdruck eines Moments, der in den nächsten fließt, diese Bewegungen kehren nicht nur innere Kraft nach außen. Sie lassen etwas aufleuchten, das sich im sportlichen Wettkampf oft erst mit dem Ergebnis zeigt: Glück, Trauer, Zorn, Eleganz, Lebenslust. Gefühle, die von innen kommen.

Sich öffnen und dabei Fantasien aufzuschließen, das vermag der Tanz vielleicht sogar mehr als der Sport. Deshalb ist er, bei aller Leistung, eine Kunst.

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