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Ferienwohnungen: Die Rückkehr des Abschnittsbevollmächtigten

Für die Enge auf dem Wohnungsmarkt ist die Politik zuständig – aber nicht auf dem Umweg über das Private. Kontrolleure für Feriendomizile sind deshalb der falsche Weg. Eine Entrüstung.

"Die ich rief, die Geister, / Werd’ ich nun nicht los“, heißt es in Goethes Ballade vom „Zauberlehrling“. Mittlerweile kommt einem die Berliner Politik gegenüber Touristen ganz ähnlich vor. Jahrelang klopfte man sich gegenseitig auf die Schulter, dass Besucher aus aller Herren Länder nach Berlin drängen. Inzwischen aber beginnt der Stolz in jenen Unwillen umzuschlagen, den zunehmende Teile der Einwohner hegen – übrigens ganz unabhängig davon, wie lange sie selbst schon in Berlin ansässig sind.

Vor allem hat die Politik die Touristen als Mitverursacher für den recht unerwartet ausgebrochenen Wohnungsmangel ausgemacht. Mittelbare Mitverursacher, gewiss; denn die eigentlich Schuldigen sind jene Wohnungseigentümer und wohl auch -mieter, die ihre vier Wände als Touristenunterkünfte feilbieten. Im Zeitalter des Internet nichts leichter als das; es gibt einschlägige Seiten, auf denen private Unterkünfte bis in den letzten Winkel der Erde feilgeboten und nachgefragt werden.

Der Bezirk Prenzlauer Berg, der die Sonnen- wie die Schattenseite der Gentrifizierung als erster und am gründlichsten erfahren hat, ist auch hier der Vorreiter: mit dem Verbot der Nutzung von Wohnungen als Ferienunterkunft. Bloß: Wie will der Bezirk es durchsetzen? Natürlich können Mitarbeiter die entsprechenden Web-Seiten durchsehen und die ersichtlich kommerziellen Angebote herausfiltern. Dann gibt’s ein Schreiben des Bezirksamts an den entsprechenden Wohnungseigner, die Androhung von Bußgeld und – ja was? Gerade erst haben wir mit Jahresbeginn die herzlich verhasste GEZ, die Gebühreneinzugszentrale des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hinter uns gelassen, deren Zuträger Schwarzseher in flagranti zu ertappen hofften – da sollen nun womöglich Wohnungskontrolleure ausschwärmen, um Fehlbelegungen durch Touristen zu ermitteln? Man kommt nicht umhin, an die Zeiten von Blockwarten oder Abschnittsbevollmächtigten zu denken; zumindest an die französischen concierges, die aus ihrem Flurfensterchen heraus misstrauisch jeden Eintretenden registrierten. Denn natürlich werden sich die nunmehr illegalen Vermieter auf eine solche Situation einstellen und dann eben auf Mundpropaganda oder social networks setzen.

Ja, die Absicht, Wohnraum denen vorzubehalten, die in Berlin auf Dauer leben wollen, ist löblich. Aber mehr auch nicht. Der private Wohnungsmarkt, noch dazu das Segment der Eigentumswohnungen, ist nicht geeignet, die neu entstandene Wohnungsknappheit (von „-not“ mag man nun doch noch nicht sprechen) zu lindern. Selbst wenn man einmal den Eigentumsschutz unserer Rechtsordnung mit der eher schwammigen Sozialbindung glaubt konterkarieren zu können, gilt immer noch: „My home is my castle.“ Gerade bei denen, die unter materiellen Verrenkungen eine Wohnung erworben haben, um darin machen zu können, was ihnen ein Vermieter verwehrt. Und sei es, sie eine Zeit lang als Nebenerwerbsquelle zu nutzen und sich ein Scheibchen vom Tourismusboom abzuschneiden.

Für die Wohnungsknappheit ist die Politik zuständig, der Senat, aber nicht auf dem verdrucksten Umweg über Private. Über die Anziehungskraft Berlins für Besucher hingegen sollten wir uns freuen, solange sie anhält. Das wird vielleicht nicht ewig so bleiben.

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