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Regentropfen, die auf die Schirme klopfen. Bei dem Wetter treibt einen nicht wirklich etwas hinaus auf die Straße. Doch es gibt Menschen und Branchen, die die Nässe freut.

© dapd

Die Berliner und das Wetter: Im Trockengang

Draußen? Besser nicht. Dafür sind die Kinos voll und auch Museen. Und in Apotheken wird geschwitzt.

Der Mann zückt den gelben Marker. „Wann immer sich hinter den Wolken nur ein bisschen die Sonne zeigt, helle ich die gleich für unsere Gäste auf“, sagt Andreas Schmock. Er sitzt an der Rezeption des Hotel Johann in Kreuzberg und zeigt auf die Karte mit dem Wetterbericht: Wolke, Regen, grau in grau. Deshalb hat er die Sonne extra mit dem Stift knallgelb markiert. Was die Touristen so machen an diesen Regentagen? „Ein Paar geht vormittags ins Kino, andere zu Ikea shoppen.“ Schmock hat kräftig Regenschirme eingekauft, die verleiht er gratis – und das freut die Händler. Denn bei dem aufgeweichten Berliner Sommer 2011 haben doch tatsächlich einige Menschen ein Grinsen im Gesicht.

„Alle Kinobetreiber Berlins freuen sich sehr über das Wetter“, sagt die Frau an der Kasse des Alhambra-Kinos an der Weddinger Seestraße. Die Säle sind voll, die Umsätze hoch. In den Indoorspielplätzen war der Lärmpegel auch um einiges höher als sonst an einem Hochsommertag im Juli. So hüpfte, rannte, tobte rund die Hälfte mehr kleiner Gäste durch „Jolos Kinderwelt“ Am Tempelhofer Berg. Der kleine Levi war mit seiner Mutter extra aus Wedding gekommen.

Auf dem Indoor-Markt in der Marheinekemarkthalle trocknete derweil Sabine Rupnow, Verkäuferin bei der Biovollkornbäckerei Mehlwurm, wieder durch. „Ich habe gut zu tun, das Geschäft läuft – aber ich hoffe, dass bei Feierabend jemand den Regen abstellt, ich habe meine Regenpelerine fürs Fahrrad vergessen.“ Die hat Jane Yager rechtzeitig gekauft, so ein blassweißes Plastikmodell, das derzeit in vielen Supermärkten als Verkaufsschlager an der Kasse liegt. Die 33-jährige Übersetzerin aus Amerika lebt seit sechs Jahren in Berlin und war mit der Plastikpelle auf dem Tempelhofer Feld joggen. „Aber richtig empfehlen kann ich das nicht, die Kapuze wird doch vom Wind verweht.“

Durchgeweicht waren auch viele der 10 000 Sportler, die sich am Samstagabend zur Laufveranstaltung in der City West aufmachten. Raus aus der Stadt zu kommen, war am Sonnabend schwieriger: Auf der Avus, Höhe Hüttenweg, war die rechte Spur gesperrt, weil Schlamm draufgespült worden war. Der Tegeler Tunnel musste zeitweise wegen Unfällen gesperrt werden, und auch um den Innsbrucker Platz herum, wo der Tunnel wegen Bauarbeiten dicht war, kam es zu Staus.

Es schauderte viele Berliner beim Blick auf die Leuchtansagen an den Straßen: „+ 15 Grad“. Gut zumindest für die Pharmaindustrie. „Es kommen derzeit mehr Kunden mit Erkältungen“, hieß es in der Kur-Apotheke am Mehringdamm. Wie schön warm sich so ein Geldautomatenraum plötzlich anfühlt. Hitzestaus gibt es auch in den Warteschlangen der Museen.

Voll war es zudem an den Kassen der Einkaufszentren. „Regenwetter ist Einkaufswetter“, sagt Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. Hochsaison hat auch die Firma Preuss & Knorr in Pankow, sie ist auf Gummistiefel spezialisiert: bunte, mit Schnürsenkel oder Hacken. „Ich hab zu meinen schon ein fast persönliches Verhältnis“, sagt IT-Unternehmensberater Metin Gürdal. Seine grünen Stiefel hat der 29-Jährige „vor fünf Wochen für 17 Euro bei Bauhaus gekauft und fast jeden Tag getragen“. Sein Besuch, Susie Quillinan aus Peru, hat ihre „leider nicht in den Koffer gepackt“. Was sie noch unternehmen? „Metin, du könntest den Wasserfall im Viktoriapark hochlaufen.“ Annette Kögel

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