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Bereit zum Sprung nach oben. Der Parteichef der Metropole Chongqing, Bo Xilai, könnte im kommenden Herbst in die Riege der neun mächtigsten Personen Chinas aufrücken.

© REUTERS

Volkskongress in China: Die "Prinzlinge" kommen

Im Herbst steht ein Generationenwechsel in der chinesischen Führung an. Schon jetzt tobt am Rande der jährlichen Parlamentssitzung ein Machtkampf um die Ämter.

Bo Xilai traut sich wieder. Am Montag hat der politisch angeschlagene Chef der Kommunistischen Partei von Chongqing nach einem Bericht der „South China Morning Post“ in einer Gruppendiskussion beim Nationalen Volkskongress das Wort ergriffen und die Vorzüge seines „Chongqing-Modells“ gepriesen. Dabei ist weniger interessant, was der Vertreter der chinesischen Metropole sagte. Aufhorchen ließ vielmehr die Tatsache, dass er nach einem Monat öffentlicher Zurückhaltung politisch wieder in die Offensive ging. Möglich also, dass Bo Xilai den jüngsten Politskandal von Chongqing überstehen und doch noch im Herbst in die Riege der neun mächtigsten Personen Chinas aufrücken wird.

Der Politskandal und seine Folgen ist das wichtigste Thema bei der elften Sitzung des Nationalen Volkskongresses in Peking, die am Montag begonnen hat – auch wenn die chinesischen Medien kaum über diesen Skandal berichten dürfen. In diesem Jahr geht es bei dem jährlich tagenden, fast 3000 Abgeordnete zählenden Scheinparlament noch weniger um Beschlüsse, die ohnehin zuvor von den Entscheidungsträgern der KP Chinas gefällt worden sind. Sondern darum, wie am Rande des Kongresses der im Herbst anstehende Generationenwechsel in der Kommunistischen Führung vorbereitet wird. Sieben von neun Posten im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem politischen Machtzentrum Chinas, dürften neu zu besetzen sein. Lange galt der charismatische und medienwirksame Bo Xilai als aussichtsreicher Anwärter auf einen dieser Posten. Doch dann flüchtete sich sein langjähriger Weggefährte, der Polizeichef von Chongqing, in das US-Konsulat in Chengdu.

Polizeichef Wang Lijun soll erst nach fast 24 Stunden herausgekommen und von Staatssicherheitsbeamten der Zentralregierung verhaftet worden sein. Gerüchten zufolge sollen sie sich zuvor mit Polizeikräften von Chongqing gestritten haben, wer ihn mitnehmen dürfe. Unmittelbar nach seiner Verhaftung kursierte ein angeblicher Brief Wang Lijuns im Internet, in dem er seinen Weggefährten Bo Xilai unter anderem Korruption vorwarf und ihn als „obersten Boss einer kriminellen Bande“ bezeichnete. Auch soll Bo Xilais ehemals wichtigster Mitarbeiter, der ihm schon auf dessen vorheriger Station in Liaoning gedient hatte, um Asyl gebeten haben. Das wollte aber das US-Außenministerium weder bestätigen noch dementieren. Huang Qifan, der Bürgermeister Chongqings, erklärte aber in einem Hongkonger Fernsehsender, dass der Vorfall eine diplomatische Krise ausgelöst hätte, wenn sich Wang Lijun noch länger in dem US-Konsulat aufgehalten hätte.

Der mysteriöse Vorfall dürfte Ausdruck eines Machtkampfes in der Kommunistischen Partei sein, der bis in das höchste Gremium reicht. Das einfache Politbüromitglied Bo Xilai gilt als Vertreter der einflussreichen Söhne von Größen der Kommunistischen Partei. Sein Vater Bo Yibo zählt zu den „acht Unsterblichen“ der Partei. Auch Xi Jinping, der im Herbst höchstwahrscheinlich Hu Jintao als Generalsekretär der Kommunistischen Partei und im kommenden Jahr auch als Staatspräsident beerben wird, zählt zu dieser Fraktion. Die Gegenspieler dieser „Prinzlinge“ stammen aus dem Nationalen Jugendverband der KP Chinas. Sie haben ihren politischen Einfluss nicht von mächtigen Vätern geerbt, sondern sich durch die Gremien hochgedient. Wie Wang Yang.

Der Parteichef von Chinas reichster Provinz Guangdong (Kanton) zählt zu den prominenten Gegenspielern Bo Xilais. Er ist ebenfalls Mitglied im Politbüro und soll sich ebenfalls Hoffnungen machen, in den Ständigen Ausschuss aufzurücken. Er war Bo Xilais Vorgänger in Chongqing, aber weil sein Nachfolger bei der Kriminalitätsbekämpfung so erfolgreich war, steht er nun schlecht da – zumindest Untätigkeit könnte ihm vorgeworfen werden. Zuletzt hatten sich Wang Yang und Bo Xilai auch medienwirksam über ideologische Inhalte gestritten.

Bo Xilais Zukunft ist gegenwärtig noch völlig offen. Für seinen Weggefährten, den Polizeichef Wang Lijun, hingegen sieht es nicht gut aus. Wie die „South China Morning Post“ am Mittwoch berichtete, hat Staatspräsident Hu Jintao gegenüber Mitgliedern der Politischen Konsultativkonferenz erklärt, dass dieser „ein Verräter“ sei. Damit ist der Sturz des zuvor als „Superbulle“ gefeierten ehemaligen Polizeichefs perfekt.

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