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Ostsee: Fährunglück: Flammen über dem Meer

Lichterloh brannte die "Lisco Gloria". In der Nacht zum Samstag kam es aus bisher ungeklärter Ursache zu einer Explosion auf dem Oberdeck des unter litauischer Flagge fahrenden Personen- und Frachtschiffes – wie durch ein Wunder wurden alle Personen an Bord gerettet.

Alle 204 Passagiere und 32 Besatzungsmitglieder – überwiegend aus den baltischen Staaten und Russland – konnten das brennende Schiff verlassen. Erst eine Stunde vor der Detonation war die sich regelmäßig im Fährdienst der dänischen Reederei DFDS befindliche, knapp 240 Meter lange „Lisco Gloria“ von Kiel nach Klaipeda ausgelaufen. Etwa elf Kilometer nördlich vor Fehmarn ereignete sich dann das Unglück. Wie durch ein Wunder wurde niemand getötet. Neben drei Schwerverletzten, die mit Rettungshubschraubern ins Krankenhaus nach Kiel geflogen wurden, registrierten die Helfer noch 19 weitere Leichtverletzte mit Rauchgasvergiftungen. Mit Rettungsinseln und -booten entkamen alle an Bord den rasch um sich greifenden Flammen. Augenzeugen berichten, dass teilweise Panik an Bord ausbrach und deshalb einige der Passagiere sogar in die kalte Ostsee gesprungen sind. Mehrere dort kreuzende Schiffe fingen den SOS-Notruf auf und nahmen Verunglückte auf.

Am schnellsten war das Bundespolizei-Schnellboot „Neustrelitz“ vor Ort und übernahm die Schiffbrüchigen aus den Rettungsbooten, ehe diese dann zur ebenfalls zu Hilfe geeilten „MS Deutschland“, die sonst zwischen Puttgarden und Roedby verkehrt, gebracht wurden. Das Scandlines-Fährschiff brachte am frühen Samstagmorgen die vielen geretteten Fernfahrer sowie Familien mit zahlreichen Kindern zum Marinestützpunkt nach Kiel. Nach einer Erstaufnahme dort kamen alle in ein Hotel. Die meisten besaßen nur noch die am Körper getragene Kleidung.

Das lichterloh brennende Schiff, das 2002 in Dienst gestellt wurde, ist im Verlauf der Folgestunden dann weiter in Richtung Langeland getrieben. Rund ein Dutzend Hilfs-, Bergungs- und Löschschiffe begleiten seitdem die schwimmende Fähre, auf der sich während der Löscharbeiten noch eine zweite Explosion ereignete.

Inzwischen haben aus der Luft abgesetzte Spezialkräfte die „Lisco Gloria“ verankert. Durch das eingedrungene Löschwasser hat das Schiff Schlagseite bekommen. Deshalb haben die Einsatzkräfte unter Leitung des Havariekommandos aus Cuxhaven entschieden, die Fähre kontrolliert ausbrennen zu lassen, was allerdings noch mehrere Tage dauern kann. Die Hauptsorge gilt jetzt den rund 200 Tonnen Dieselöl an Bord. Mit allen Mitteln will man deshalb verhindern, dass der schwimmende Stahlkoloss sinkt. Je zwei Ölbekämpfungsschiffe aus Deutschland und Dänemark beobachten die Lage vor Ort. Erst wenn es aufgehört hat zu brennen, kann das Schiff in einen Hafen geschleppt werden. Welcher das sein wird, steht noch nicht fest. Darüber will man sich jetzt mit niederländischen Bergungsexperten beraten. An den Rettungsarbeiten beteiligten sich unter anderem auch Spezialisten der Berufsfeuerwehr aus Hamburg.

Über die Ursache der Explosion wird es erst verlässliche Hinweise geben, wenn das Schiff betreten werden kann. Trotzdem hieß es aus dem Lagezentrum der Landespolizei in Kiel, dass ein Anschlag zunächst einmal ausgeschlossen werde. Vielmehr könne es einen Kurzschluss auf einem der an Bord befindlichen Lkw gegeben haben. DFDS-Sprecher Gert Jacobsen bestätigte in Kopenhagen, dass sich auch zahlreiche Lastwagen mit Gefahrgut auf der Fähre befunden haben. Wolfgang Harlos vom Havariekommando Cuxhaven sagte dagegen: „Wir hatten Einblick in die Frachtlisten. Bezüglich der Ladung besteht kein Anlass für eine übertriebene Panik.“

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