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Terrorismus: Anschlag in Stockholm alarmiert deutsche Behörden

Stockholm ist nur knapp einer Katastrophe entgangen. Der Terrorakt in der schwedischen Hauptstadt zeigt, wie gefährlich "selbstradikalisierte Einzeltäter" sein können, mahnen Experten.

Von
  • Frank Jansen
  • Sandra Dassler

Berlin/Stockholm - Der Anschlag in Stockholm alarmiert die deutschen Sicherheitsbehörden, auch wenn bis jetzt keine Verbindungen zur Bundesrepublik zu erkennen sind. Bezüge nach Deutschland oder zur Terrorwarnung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vom November gebe es offenkundig nicht, sagten Experten am Sonntag dem Tagesspiegel.

Schwedens Hauptstadt entging am Samstag nur knapp einer verheerenden Terrorkatastrophe. Mitten im Einkaufstrubel sprengte sich in der Fußgängerzone ein Selbstmordattentäter in die Luft und ließ außerdem ein Auto explodieren. Wie durch ein Wunder kam außer dem Attentäter niemand ums Leben. Die schwedische Polizei stufte den Anschlag als „sehr ernsten Terrorakt“ ein. Obwohl Häuser von der Wucht der beiden Detonationen erzitterten und Passanten sofort in Panik gerieten, wurden nur zwei Menschen verletzt.

Die Tat des jungen Irakers zeige aber erneut, wie gefährlich „selbstradikalisierte Einzeltäter“ und sogenannte Homegrown-Terroristen trotz meist amateurhafter Vorbereitung sein können. Deutsche Sicherheitskreise stellten vor allem Vergleiche mit den Kofferbombern an, die im Juli 2006 im Kölner Hauptbahnhof zwei Trolleys mit Sprengsätzen in Regionalzügen deponiert hatten. Die Höllenmaschinen der zwei libanesischen Studenten explodierten jedoch nicht, weil die Zünder falsch konstruiert waren. Die in Deutschland lebenden Kofferbomber hatten sich hier radikalisiert. Sie wollten die Bundesrepublik bestrafen, weil mehrere Zeitungen, darunter der Tagesspiegel, einige der dänischen Mohammed-Karikaturen nachgedruckt hatten. In Stockholm hatte jetzt der Attentäter kurz vor dem Anschlag seinen Hass auf einen schwedischen Zeichner geäußert, der den Propheten Mohammed als Hund gemalt hatte.

Zum Hintergrund des Täters konnten deutsche Sicherheitsexperten bislang nur wenige Details nennen. Es handele sich um einen asylberechtigten Iraker, der wahrscheinlich trotz seiner Sympathien, die er im Internet für Al Qaida geäußert haben soll, nicht an eine terroristische Organisation angebunden gewesen sei. Es müsse aber geprüft werden, ob es Kontakte zu Al Qaida oder auch zur kurdisch-irakischen Gruppierung Ansar al Islam gegeben habe.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Ich habe den Anschlag in Stockholm zum Anlass genommen, mich sowohl mit der Polizei als auch mit dem Verfassungsschutz des Landes auszutauschen. Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es keine Bezüge der Tat von Stockholm nach Berlin.“ Die Sicherheitslage der Hauptstadt habe sich demzufolge nicht verändert, sagte Körting weiter: „Und bisher liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Anschlag in Stockholm etwas mit den Hinweisen zu tun hat, die den Bundesinnenminister und die Länder im November veranlasst haben, auf die besondere Gefährdungslage hinzuweisen.“

Die aktuelle Lage in Deutschland scheint unterdessen nicht mehr ganz so dramatisch zu sein wie im November. Sicherheitsexperten wirken weniger nervös als vor drei Wochen, aber nicht weniger wachsam. Weiterhin wird auf der Basis mehrerer Szenarien ermittelt, vor denen zwei festgenommene deutsche Dschihadisten, ausländische Nachrichtendienste und ein angeblich ausstiegswilliger Dschihadist vom afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet aus gewarnt hatten. Als Gefahrenschwerpunkt gilt weiterhin Berlin. Dass bisher trotz konkreter Hinweise auf einen Angriff nichts geschah, sei kein Grund zur Entwarnung, hieß es in Sicherheitskreisen. Die islamistische Terrorszene habe einen „Langzeithorizont“.

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