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Harte Währung, weichgespült. Zypern droht ohne Einigung mit der EU der Staatsbankrott – und damit auch der Verzicht auf die Gemeinschaftswährung.

© AFP

Euro-Krise: Streit um Zypern-Rettung spitzt sich zu

Den Ablauf des Ultimatums der Europäischen Zentralbank vor Augen versuchen die EU-Spitzen, den Zerfall der Währungsunion zu verhindern. Der Ton wird zunehmend rauer - Zyperns Präsident Anastasiades soll sogar von Rücktrittsdruck gesprochen haben.

Aus einer Mitteilung vom Freitag hat sich bereits herauslesen lassen, dass am Sonntag auf Chefebene verhandelt werden sollte. Darin sagten EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy einen Trip nach Tokio ab, wo an diesem Montag der EU-Japan-Gipfel stattfinden sollte – wegen der Freihandelsgespräche kein unwichtiger Termin. Doch ein anderer war wichtiger: „Die Bemühungen, um eine Lösung für Zyperns Finanzprobleme zu finden“, schrieben Barroso und Van Rompuy, „verlangen unsere Anwesenheit in Brüssel.“

Den Ablauf des Ultimatums der Europäischen Zentralbank an diesem Montag vor Augen versuchten die EU-Spitzen am Sonntag, den Zerfall der Währungsunion zu verhindern. Denn ohne Rettungspaket, so die Drohung der EZB, würde die Notversorgung von zyprischen Banken mit Krediten am Dienstag beendet, was ziemlich sicher zum Staatsbankrott führen und Zypern zwingen würde, die Einheitswährung zu verlassen. „Die Gesamtsituation ist ausgesprochen ernst“, erklärte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter.

Van Rompuy leitete dann nach Telefonaten unter anderem mit Kanzlerin Angela Merkel die Spitzenrunde, die vor dem Treffen der Finanzminister am Abend „eine Lösung vorbereiten“ sollte. Neben dem Belgier waren der niederländische Eurogruppenpräsident Jeroen Dijsselbloem und die Chefs der „Troika“-Institutionen versammelt: EZB-Präsident Mario Draghi, Barroso und Christine Lagarde als Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Am Tisch saß auch Zyperns Präsident Nikos Anastasiades, den Van Rompuy erst unter vier Augen gesprochen hatte. Aus Nikosia hieß es, Anastasiades soll angesichts des starken Drängens der EU-Führung von Rücktrittsdruck gesprochen haben. Das staatliche zyprische Fernsehen (RIK) zitierte ihn mit den Worten: „Ich mache Euch einen Vorschlag. Den lehnt ihr ab. Ich schicke Euch einen anderen; das Gleiche. Was wollt ihr denn? Wollt ihr mich zum Rücktritt zwingen? Wenn es das ist, was ihr wollt, dann sagt es.“ Die politische Führung Zyperns wird per Videokonferenz laufend aus Brüssel informiert.

Das Treffen der Finanzminister – zunächst war der Beginn für 18 Uhr geplant – verzögerte sich um mehrere Stunden, weil die Spitzenrunde zunächst keine Ergebnisse brachte: Der deutsche Minister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, ein Ergebnis setze „voraus, dass man in Zypern die Lage einigermaßen realistisch sieht“.

Die hektische Krisendiplomatie war auch deshalb nötig, weil eine angebliche Einigung der zyprischen Regierung mit der Troika in der Nacht zuvor wieder in Frage gestellt wurde. „Nachdem wir uns verständigt hatten“, hieß es im Stab von Präsident Anastasiades, „hat der IWF wieder seine Meinung geändert“. Die vorübergehende Einigung sah zyprischen Regierungskreisen zufolge eine vierprozentige Zwangsabgabe auf Guthaben von mehr als 100 000 Euro vor – Summen darunter sollen im Gegensatz zum ersten Rettungspaket, das vom Parlament in Nikosia abgelehnt worden war, ausgenommen sein.

Den größten Anteil am bisher genannten Eigenbeitrag von 5,8 Milliarden Euro sollten in diesem Modell die Zerschlagung der Laiki Bank und eine Sonderabgabe von rund 20 Prozent auf Spareinlagen bei der Bank of Cyprus bringen. Diese ist besonders bei russischen Anlegern beliebt. Diese haben auf Zypern 20 Milliarden Euro deponiert, wie BND-Chef Gerhard Schindler nach Informationen des „Handelsblatts“ kürzlich dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages berichtete – rund acht Milliarden Euro davon seien Schwarzgeld.

Zwar hat Russland über den Währungsfonds ein indirektes Mitspracherecht. Es gab aber am Sonntag keine Bestätigung für die Spekulationen, ob die überproportionale Beteiligung der „Bank of Cyprus“-Anleger Grund für das Nein des Fonds war. Im Umfeld Van Rompuys hieß es, die unterschiedlich hohe Abgabe sei „einer von verschiedenen Knackpunkten“. Allerdings galt auch der Umgang mit den 9,5 Milliarden Euro, die die Laiki Bank an Liquiditätshilfen von der Zentralbank bekommen hat, als strittig. Weiter im Gespräch war der Athener Zeitung „Kathimerini“ zufolge auch der Totalverlust von Einlagen jenseits von 100 000 Euro. „Heute bleiben uns nur harte Entscheidungen“, sagte der in die Gespräche eingebundene EU-Währungskommissar Olli Rehn.

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