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Der Mitbegründer von Aldi, Karl Albrecht, ist tot.

© obs/Unternehmensgruppe Aldi Süd

Aldi: Firmengründer Karl Albrecht ist tot

Mit 94 Jahren ist Aldi-Mitgründer Karl Albrecht gestorben. Laut einem Sprecher der Stadt Essen ist der Unternehmer am Montagvormittag im engsten Familienkreis beigesetzt worden.

Karl Albrecht, Mitbegründer des Aldi-Imperiums, ist tot. Er war ein großer Unternehmer, eine Legende, der die Deutschen mit schlichten Läden und niedrigen Preisen überzeugte. Er wurde vermutlich 94 Jahre alt – als sein Geburtstag galt bislang der 20. Februar 1920, doch bestätigt wurde das Datum bislang nie.

An Anekdoten über die Aldi-Brüder mangelte es nie

Gnadenlos sparsam und ein Kontrollwahn, der an die Inquisition erinnerte – an Anekdoten über die beiden Pfennigfuchser Karl und Theo Albrecht hat es nie gemangelt. Kein Wunder, war doch die Knauserigkeit der Firmengründer mehr als nur eine Marotte. Sie war ein wesentlicher Teil des Erfolgsrezeptes der geschäftstüchtigen Unternehmer. Theo Albrecht war im Juli 2010 gestorben.

Die Erfolgsgeschichte von Aldi beginnt im Jahr 1948

Den Grundstein für ihr Imperium legten die Brüder im Jahr 1948, als sie den kleinen Lebensmittelladen ihrer Mutter Anna übernahmen, der in arge Schieflage geraten war; sie hatte den Wandel im Handel verschlafen. Zwischen Lebensmittelkartons und Krämerware erkannten Karl und Theo nach dem Krieg die Chance, die die Phase der sozialen Umorientierung bot. Die Erfolgsgeschichte nahm ihren Anfang.

Die Aufgaben waren von Anfang an verteilt

Die beiden Brüder waren in ihrer uniformen Arbeitsauffassung füreinander ein Glücksfall. Von vornherein teilten sie sich ihre Aufgaben: Karl versah den Innen-, Theo den Außendienst. Sprich: Karl kümmerte sich um die schwierige Einkaufspolitik. Es war damals nicht einfach, die richtige Ware preiswert und in ausreichender Menge zu erhalten. Theo betreute die Verkaufsstellen sowie die Verwaltung und Buchhaltung. Ab 1961 wurde daraus Albrechts Discount – kurz Aldi. Die ebenfalls hoch gehandelte Namens-Alternative „Billi“, kam letztlich nicht zum Zug. Binnen eines halben Jahrhunderts formten die beiden Brüder einen Milliardenkonzern, der die deutsche, aber auch die internationale Handelslandschaft nachhaltig veränderte. Das unternehmerische Motto der Brüder hieß: „Unsere Werbung liegt im niedrigen Preis.“

Der Aldi-Äquator verläuft mitten durchs Ruhrgebiet

Ihre Operationsgebiete teilten die beiden in gesellschaftsrechtlich selbstständige Aldi-Gesellschaften. Schon Anfang der 60er-Jahre entschieden sie, auf ihrer Deutschlandkarte den Aldi-Äquator mitten durchs Ruhrgebiet laufen zu lassen. Auch auf dem Globus markierten sie exklusive Zonen. Aldi Nord regiert seitdem in Dänemark, Benelux, Frankreich, Spanien und Portugal. Die von Mülheim/Ruhr aus gesteuerte Süd-Schiene legte den Schwerpunkt auf Osteuropa, den Alpenraum und die englischsprachigen Länder. In Deutschland gilt Aldi als Marktführer, auch wenn Rivalen wie Lidl aufholen. Weltweit setzt der Discounter inzwischen mehr als 50 Milliarden Euro um. Bis heute entstanden über den ganzen Globus verteilt mehr als 9000 Filialen mit mehr als 100.000 Mitarbeitern.

"Nachfrage versus Bedarfsdeckung", lautet die betriebswirtschaftliche Zauberformel

Karl und Theo entdeckten schon früh die betriebswirtschaftliche Zauberformel der Zeit „Nachfrage versus Bedarfsdeckung“ für sich und schafften es, sie im Sinne des Kunden zu lösen. Mit diesem Konzept sind die beiden zu den reichsten Männern Deutschlands geworden. Ihre persönliche Lebensweise trug maßgeblich zur moralischen Stabilität ihrer Konzerne bei. Beide waren im Auftreten zurückhaltend und lebten bescheiden. Sie waren nach alter Schule nach den Prinzipien Sparsamkeit und Kargheit erzogen.

Ihre Geschäfte machten die Brüder stets im Verborgenen

Ihr Geld verdienten die in Essen geborenen Handelspioniere, von denen es nur wenige vergilbte, meist unscharfe Fotos gibt, zu Lebzeiten stets im Verborgenen. Als reichster Deutscher belegte Karl 2010 mit 23,5 Milliarden Dollar den zehnten Platz der internationalen Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt, sein Bruder Theo lag mit einem geschätzten Vermögen von 16,7 Milliarden auf dem 31. Platz.

Auf Karl Albrechts Golfschloss in Süddeutschland durften Aldi-Führungskräfte entspannen

Auf sein Golfschloss in Donaueschingen schickte Karl Albrecht seine Führungskräfte zum Entspannen. Die Brüder kannten keine Scheu vor ihrer kleinbürgerlichen Herkunft. Die Adresse Huestraße 89 in Essen-Schonnebeck wollten sie nie abstreifen. Sie waren stets praktizierende Katholiken und wollten in der Öffentlichkeit so wenig wie möglich wahrgenommen werden. Die Furcht vor der Aufmerksamkeit hatte einen nachvollziehbaren Grund: Am 29. November 1971 kidnappten Entführer Karls Bruder Theo - und entließen ihn erst 17 Tage später wieder aus der Gefangenschaft. Das Lösegeld hatte den Gangstern Ruhrbischof Franz Hengsbach übergeben, zu dem die Albrecht-Brüder damals in freundschaftlichem Kontakt standen.

Sein Hauptvermögen vertraute Karl Albrecht schon vor Jahren einer Stiftung an

Theo und Karl waren bekannt als eifrige Kirchgänger in St. Markus, der Kirchengemeinde von Essen-Bredeney. Seiner Hauptstiftung, der Theo Albrecht schon vor Jahren sein Unternehmensvermögen anvertraute und damit den Fortbestand von Aldi Nord sicherte, trägt den Namen der Pfarrgemeinde. Bruder Karl, der sich ebenfalls für ein Stiftungsmodell entschied, gab dieser dagegen den Namen „Siepmann“ - den Mädchennamen seiner Mutter Anna.

Die obersten Führungskräfte hatten das Arbeiten bei Aldi ohne den Unternehmenspatriarchen längst geübt. Schon zu Lebzeiten hatten sich Karl und Theo, der im Jahr 2010 an den Spätfolgen eines Sturzes verstorben war, aus der Chefetage zurückgezogen, das Imperium wurde inzwischen ausschließlich von familienfremden Managern geführt.

Führungskräfte im Unternehmen sollen nach dem Motto arbeiten: "Plan dich oder friss dich"

Die beiden Senioren haben jedoch immer dafür gesorgt, dass die Unternehmenskultur erhalten bleibt. Für sie lag das Geheimnis des langfristigen Erfolges im Zeitmanagement der Führungskräfte. Es gibt eine detaillierte Planungsphilosophie und strenge Normen nach dem Motto: Plan dich oder friss dich! Zudem hat das Imperium ein umfangreiches Prämiengerüst. Bezirksleiter bekommen solche Anreize und vergeben wiederum welche an ihre Filialleiter. Einzig der Geschäftsführer bekommt keine Prämie.

Dieser Text ist zuerst bei Handelsblatt online erschienen.

Carina Groh-Kontio

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