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Wertvolle Rohstoffe: Manganknollen: Der Schatz in der Tiefsee

Die Bundesregierung lässt im Pazifik Manganknollen-Felder erkunden. Sie enthalten wertvolle Metalle für die Industrie. Wie sie abgebaut werden sollen, erklärt unsere Fotostrecke.

Sie sind so groß wie Kartoffeln. Sie werden geerntet wie Kartoffeln. Sie könnten uns künftig ernähren wie Kartoffeln. Jedenfalls im übertragenen Sinne. Hier enden die Gemeinsamkeiten zwischen Kartoffeln und Manganknollen. Und doch wird die Kartoffel gern herangezogen, um zu verdeutlichen, welches Bild sich in 3000 bis 5000 Meter Tiefe auf dem Boden des Pazifik bietet. Dort, zwischen dem Äquator, Mexiko und Hawaii, liegt so etwas wie das 17. Bundesland, mit rund 75 000 Quadratkilometern größer als Bayern. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat im Auftrag der Bundesregierung bei der UN-Meeresbodenbehörde ISA eine Lizenz beantragt, um zu erforschen, ob sich die riesigen Manganknollen-Felder für den Tiefseebergbau eignen.

Manganknollen gelten als mögliche Alternativen zu Erzvorkommen in Südamerika oder Afrika. Der Anteil von Kupfer, Nickel und Kobalt in den fünf bis acht Zentimeter messenden Klumpen vom Meeresgrund ist durchschnittlich doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Brocken aus herkömmlichen Minen. Carsten Rühlemann, einer der Expeditionsleiter des BGR erklärt, warum die Knollen nicht nur wissenschaftlich, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht in absehbarer Zukunft interessant werden könnten. „Seit dem Jahr 2000 sind die Metallpreise an der Londoner Rohstoffbörse um mehrere hundert Prozent gestiegen, deutlich stärker als etwa für Öl und Gas. Damit sind wir auf einem Niveau angekommen, bei dem auch marine Vorkommen wirtschaftlich interessant werden können.“ Zwei weitere Faktoren spielen dabei eine Rolle. Zum einen ist die deutsche Wirtschaft in hohem Maß von Rohstoffimporten abhängig. Allein 2010 gab es bei wichtigen Metallrohstoffen ein Einfuhrplus von 67 Prozent. Zum anderen spricht vieles dafür, dass die Preise durch den wachsenden Rohstoffhunger aufstrebender Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien langfristig weiter steigen. Selbst nach dem Kursrutsch in der Wirtschaftskrise 2008/09 zogen die Preise für Metallrohstoffe schnell wieder an.

Auf rund eine Milliarde Dollar schätzen Wissenschaftler die Investitionen für eine Mine in der Tiefsee. Hinzu kommen Betriebskosten von jährlich rund 200 Millionen Dollar. Bei realistischen Fördermengen und Marktpreisen wäre die Gewinnzone nach rund sechs Jahren erreicht. Die Industrie beobachtet das 2006 begonnene Projekt des Wirtschaftsministeriums noch mit freundlicher Zurückhaltung. „Wir begrüßen die Aktivitäten der Bundesregierung in diesem Bereich ausdrücklich“, sagt Wilko Specht vom Spitzenverband BDI. Beide Seiten stünden im regelmäßigen Austausch. Bislang seien deutsche Unternehmen jedoch nur am Rande beteiligt. In der Industrie erinnert man sich noch daran, dass in den 70er und 80er Jahren ähnliche Erkundungsfahrten stattgefunden haben. Damals testete ein Konsortium der deutschen Schwerindustrie unter Führung der Preussag sogar einen Knollenkollektor, eine Art unbemannten Kartoffelroder, und holte mit einem ausgeklügelten Schlauchsystem 500 Tonnen Manganknollen an die Oberfläche. Dann aber sanken die Rohstoffpreise, der Tiefseebergbau schien wenig lohnend, die Unternehmen stellten ihre Aktivitäten ein. Die Preussag gibt es nicht mehr, ebenso wenig das Konsortium. Nach Schließung der Zechen gibt es hierzulande im Moment kaum Unternehmen, die sich mit solchen technischen Lösungen befassen. „Wir haben durchaus Know-how auf diesem Gebiet, wenn auch nicht im gleichen Maße wie vor 30 Jahren“, gibt Specht zu.

Dennoch ist eine Reihe von Unternehmen direkt oder indirekt an der Erforschung beteiligt. Aker Wirth aus dem rheinischen Erkelenz hat für die BGR ein Konzept für einen Kollektor entwickelt. Auf der Neptun-Werft in Warnemünde entsteht das neue Forschungsschiff Sonne, das den Wissenschaftlern ab 2015 zur Verfügung stehen soll. Auch für den Fall, dass in einigen Jahren tatsächlich der kommerzielle Abbau der Knollen beginnt, sieht sich der Schiffbau gerüstet. „Alle großen deutschen Werften sind in der Lage, wettbewerbsfähige Produkte im Bereich des Spezialschiffbaus anzubieten“, sagt Dimitrios Nikolakis vom Werftenverband VSM.

Die Erkundung dauert noch bis 2021. Falls anschließend nichts aus dem deutschen Tiefseebergbau wird, könnten sich zumindest die Werften Hoffnung auf weitere Aufträge machen. Denn neben Deutschland erkunden auch China, Frankreich, Indien, Japan, Korea, Russland und ein osteuropäisches Konsortium Manganknollen-Felder. Und von diesen könnten schon bald einige eine Schürflizenz beantragen. Auch einige große Rohstoffkonzerne wie der kanadisch-australische Nautilus stehen in den Startlöchern.

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