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Katharina Hatesohl (West) und Markus Krüger (Ost).

© Kitty Kleist-Heinrich

25 Jahre Deutsche Einheit: Die letzte Generation

Katharina Hatesohl und Markus Krüger sind in der Bundesrepublik und in der DDR geboren. Sie gehören damit zu den letzten Kindern der Teilung.

Ihre Liebe steht im Zeichen der deutschen Einheit. In mehrfacher Hinsicht. Zum 25. Jubiläum der deutschen Einheit sind Katharina Hatesohl und Markus Krüger genau ein Jahr zusammen. Und sie fragen sich beide, welche Rolle die Geburt in zwei verschiedenen deutschen Ländern für ein junges Paar heute noch spielt.

„Das Lustigste ist dein Brandenburger Dialekt“, sagt die 35-Jährige aus Niedersachsen. „Zieh dir wat an de Beene“, sagt er ihr manchmal, und meint damit Hausschuhe. Der 30-jährige Krüger lässt sich davon nicht beeindrucken. „Bei dir muss alles ganz ordentlich sein“, entgegnet er. In ihrem Stammcafé „April“ in Schöneberg hat sie auf dem Tisch erst einmal Ordnung gemacht: Salz und Pfeffer, Ketchup und Zucker ordentlich am Tischende aufgestellt. „Ist das typisch Wessi?“, fragen sich die beiden.

Vorbehalte hatte keiner

Um das zu erörtern, geben die beiden ein großes Fest zu 25 Jahren deutsche Einheit. Dann nämlich sollen Freunde, Familie und Bekannte Bilder mitbringen, die für sie „typisch Ost“ und „typisch West“ sind. Zum Beispiel ein Foto vom Palast der Republik oder von einem teuren Sportwagen. Die beiden gehören zur letzten Generation der deutschen Teilung. Und sie sind sich bewusst, dass sie das meiste nur noch vom Hörensagen kennen, von ihren Eltern und Großeltern oder aus den Medien. „Wir wollen uns nicht in Klischees verlieren“, sagt Hatesohl zu Krüger.

Wenige Jahre vor der Wende im brandenburgischen Woltersdorf geboren und aufgewachsen, erinnert sich Krüger noch, dass in seiner Kindheit am Abend vor dem 3. Oktober ein Lichterumzug durchs Dorf führte. Seine Freundin aus Lüneburg erinnert sich an die Geschichten ihres Vaters, der damals als Zollbeamter an der innerdeutschen Grenze stationiert war.

„Er und seine Kollegen waren angehalten, sofort zu helfen, wenn jemand aus dem Osten in den Westen fliehen wollte.“ Die Familien der beiden haben sich bereits kennengelernt. Vorbehalte hat niemand von ihnen.

„Was hast du am 11. September gemacht?“

Zwischen Ost und West, zwischen Brandenburg und Niedersachsen, gibt es Unterschiede, aber auch zwischen Süd und Nord, zwischen Bayern und Hamburg. Da sind sich die beiden einig. Zwar hätten sie sich wohl nicht kennengelernt, wenn es die Wiedervereinigung nicht gegeben hätte. Aber sie hätten sich auch nicht kennengelernt, wenn nicht jemand das Internet erfunden hätte. Schließlich lernt sich die Generation Wiedervereinigung in Online-Portalen kennen. Bevor sich die beiden zum ersten Mal persönlich trafen, schrieben sie sich eine Zeit lang E-Mails.

„Was hast du am 11. September gemacht?“, ist eine Frage, die für die beiden geläufig ist und das Jahr 2001 meint. Für ihre Eltern war es die Frage nach dem 9. November 1989 oder dem 3. Oktober 1990. Daran können sich Hatesohl und Krüger kaum noch erinnern. Auch die früheren Grenzen kennen sie kaum mehr.

Jeden Morgen geht es auf dem Weg zur Arbeit mit dem Rad durchs Brandenburger Tor, gemeinsam joggen sie auf dem Tempelhofer Feld und sind letztens einen Teil des Mauerradweges abgefahren. Und dennoch, da war doch was. Und dass da was war, das spürt man heute noch. Die Westfrau Hatesohl jedenfalls schreibt ihren Freundinnen aus dem Osten jedes Jahr am 3. Oktober: „Heute ist unser Tag. Ich freue mich, dass es dich gibt.“

Jana Scholz

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