zum Hauptinhalt

Absicht und Absturz: Die Matthäus-Vision

Mit einer Personality-Doku will der Ex-Fußballer sein Image aufpolieren. Das endet in einer Promi-Trash-Inszenierung.

Was macht eigentlich Lothar Matthäus? Kürzlich war er als ARD-Experte bei der Fußball-EM an der Seite von Reinhold Beckmann zu sehen. Er wirkte wie einer, der sehr stolz ist, endlich wieder gefragt zu werden. Matthäus fühlt sich in Deutschland verkannt. Nun will der Rekord-Nationalspieler sein Image aufpolieren – mit einer sechsteiligen „Personality-Doku“ beim Privatsender Vox. Der Titel: „Lothar – Immer am Ball“. Willkommen in der Liga von Daniela Katzenberger.

Doch während das Trash-TV-Geschöpf aus „Natürlich blond“ verkaufsfördernd mit ihrem Image spielt, meint es Matthäus offenbar ernst. Er wünsche sich, „dass die Leute mich so kennenlernen, wie ich wirklich bin, und nicht, wie ich häufig dargestellt werde“. Durch eine Doku bei Vox? Das ist in etwa so, als wollte einer mit heißem Fett Feuer löschen.

Der 51-Jährige könnte eine Ikone sein, nur drei Deutsche haben als DFB-Kapitäne den Weltmeister-Pokal in die Höhe gestemmt. Fritz Walter ist der Nachkriegsheld, Franz Beckenbauer, obwohl ebenfalls ein Dampfplauderer vor dem Herrn, die kaiserliche Lichtgestalt. Und Matthäus? Ein Fall für die bunten Seiten.

Bei seinen kurzen Trainerstationen zwischen Südamerika, Österreich, Israel und Südosteuropa war er nur mäßig erfolgreich, doch als Schlagzeilen-Lieferant ist er dank seiner vier Ehen und seines naiv wirkenden Mitteilungsdrangs nahezu unschlagbar. Man muss kein Mitleid mit ihm haben, aber es ist ziemlich leicht – und billig –, sich über Lothar Matthäus lustig zu machen. Vox nutzt die Gelegenheit.Matthäus kehrt nach einer Reise in seine Wohnung in Budapest zurück, begleitet von ironischen Kommentaren aus dem Off. „Da wartet wieder viel Arbeit auf mich“, sagt Matthäus, als er den Stapel Post sieht. „Ach, der Arme“, tönt es höhnisch zurück. Ein verrutschter Läufer vor dem Aufzug und die Anordnung der Joghurt-Becher im Kühlschrank werden zu einem Exkurs über Matthäus’ Ordnungsfimmel genutzt.

Immerhin: Es gibt ein paar aufschlussreiche Momente, etwa wenn Matthäus über einen Polster-Stuhl fachsimpelt, sein Gesellenstück als Raumausstatter, das er in Ehren hält. Ansonsten dominiert in der Auftaktfolge das Bemühen, den exklusiven Privatzugang zu nutzen. Also: Matthäus und seine polnische Lebensgefährtin Joanna Tuczynska beim Disput über das Outfit für eine Berlinale-Party, beim Frühstück. Tatsächlich kann der Zusammenprall der Kulturen komisch sein: „Ich sehe erste Mal so scheiße Eier“, sagt Joanna über Lothars missratenes Rührei.

Doch insbesondere der Tonfall, in dem sich die Macher bisweilen über „das polnische Unterwäsche-Model“ hermachen, ist unappetitlich und gipfelt am Ende in schlüpfrigen Andeutungen über Joannas angeblichen Flirt mit einem Skilehrer. Dazu dudelt „Love is in the Air“. Und das ist das Ärgerlichste an dieser Promi-Trash-Inszenierung: Der Missbrauch des Begriffs „Doku“.

„Lothar – Immer am Ball“; Vox, sechs Folgen, sonntags, 23 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false