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Medien: Ärger um den Olympia-Zeitplan Weil der US-Sender NBC es so wünscht, sind wichtige Entscheidungen 2008 nachts zu sehen

Zu den größten Fernsehevents gehören Olympische Sommerspiele. Zu den größeren Fernsehärgernissen auch – meistens alle acht Jahre, wenn die Spiele in einem fernen Kontinent stattfinden.

Zu den größten Fernsehevents gehören Olympische Sommerspiele. Zu den größeren Fernsehärgernissen auch – meistens alle acht Jahre, wenn die Spiele in einem fernen Kontinent stattfinden. Dann laufen Finalentscheidungen oft zu nachtschlafender Zeit. Peking 2008 ist noch weit entfernt. Fritz Pleitgen, dem Vorsitzenden der European Broadcasting Union (EBU), lassen die Spiele aber jetzt schon keine Ruh’. Offenbar auf Wunsch des amerikanischen Senders NBC hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) das Programm für die Spiele geändert. Wichtige Entscheidungen in den Sportarten Schwimmen und Turnen sollen in Peking am Vormittag ausgetragen werden, damit sie – wegen der Zeitverschiebung – in der US–amerikanischen Primetime laufen können. Für Mitteleuropäer würde das bedeuten: um drei Uhr nachts aufstehen, um Britta Steffen im Schwimmen oder Fabian Hambüchen im Turnen siegen zu sehen.

Angeblich erhält das IOC von NBC 894 Millionen Dollar für die Übertragungsrechte. Für das Geld kann man einiges erwarten, nur keinen Dank von Athleten, Sponsoren und der EBU, dem Zusammenschluss von 74 TV-Anstalten in Europa, Nahen Osten und Nordafrika. Das ohnehin immer mehr von kommerziellen Interessen geschüttelte Unternehmen Olympia beugt sich ein weiteres Mal nicht nur sportlichen Interessen, vermutet auch EBU-Chef Pleitgen. „Geld sollte nicht die Welt regieren.“ Pleitgen war vor ein paar Tagen schon so weit gegangen, IOC-Chef Jacques Rogge schlechten Stil vorzuwerfen. EBU-Juristen sollten prüfen, inwieweit das IOC mit dem geänderten Zeitplan gegen Verträge verstößt. Es sei eine eiserne Regel, dass Finals von Kernsportarten zur örtlichen Primetime durchgeführt werden müssten.

Harte Worte, die Pleitgen dem Tagesspiegel gegenüber nicht wiederholen wollte. „Das IOC kommt natürlich schwer von seinem Beschluss herunter. Andererseits sollte es die Interessen der weit überwiegenden Mehrheit der Weltbevölkerung im Auge haben.“ Die Athleten, so Pleitgen, dürften nicht erfreut sein, beim wichtigsten Wettkampf ihres Lebens um neun Uhr morgens anzutreten. „Kurz vor Olympia wird richtig bewusst, was der geänderte Zeitplan bedeutet.“ Man versuche, „mit dem IOC in ein vernünftiges Gespräch zu kommen“.

Das dürfte schwierig werden. Laut IOC-Sprecherin Emmanuelle Moreau ist die Sache beschlossen. „Unser Exekutivkomitee hat nach einem längeren Prozess der Konsultationen, auch mit der EBU, einen Olympia-Fahrplan festgelegt“, heißt es offiziell. Dabei seien Finals am Vormittag (Ortszeit), wie schon bei den Spielen in Seoul 1988. Darstellen wolle man den Plan noch nicht. Er werde „bald“ auf der „BOCOG“-Website veröffentlicht, der Seite des Pekinger Organisationskomitees. Nun warten alle auf diesen Fahrplan, wie auf eine Steuererhöhung. Warum so viel Geheimniskrämerei? Werden auch Leichtathletik-Finals in den Pekinger Vormittag geschoben? Einer, der es besser wissen müsste, ist IOC-Vizepräsident Thomas Bach, gleichzeitig Präsident des Deutschen Olympischen Sport-Bundes. Anfragen in Bachs Richtung verlaufen derzeit im Sande oder landen bei der IOC-Sprecherin. Ein großes Fernsehärgernis scheint nicht mehr zu stoppen.

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