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Alle meine Lieben: Das perfekte Familientheater

"Alles Liebe" heißt ein ARD-Drama mit Hannelore Elsner in der Hauptrolle, in dem schon der Titel pure Ironie

Alles bricht auf, als Irmas älteste Tochter Kathrin (Karoline Eichhorn) der Mutter (Hannelore Elsner) um den Hals fällt und ihr sagt, dass sie sie liebe. Zuvor konnte sie das nicht. Zuvor wurde totgeschwiegen und verdrängt, wurde kritisiert und gestichelt. Zuvor war vieles, wenn nicht alles, Familientheater.

Dieser erste authentische Moment zwischen Mutter und Tochter ist zugleich der nachhaltigste in Kai Wessels neuem Fernsehfilm „Alles Liebe“. Das Drehbuch hierzu stammt von Beate Langmaack, mit der Wessel schon mehrfach zusammenarbeitete, etwa bei „Bella Block – Die Frau des Teppichlegers“ (2004) oder „Leben wäre schön“ (2002). Regisseur und Autorin sind ein Team, bei dem man weiß, dass am Ende Qualität steht. So auch diesmal, in diesem bayerischen Familiendrama, gedreht am Ammersee und in München.

Es beginnt damit, dass die drei Geschwister Kathrin, Nettchen (Julia Brendler) und Laurenz (Axel Schreiber) panisch feststellen, dass ihre Mutter Irma bald 65. Geburtstag hat. Doch was soll man ihr schenken? Die drei Geschwister kommen auf die vermeintlich glorreiche Idee, sie per Auto ins alte Ferienhaus am See zu bringen. Dort war es doch mit Papa, der vor neun Jahren starb, immer so schön. Als sie vor dem heruntergekommenen Haus stehen und Irma die Augenbinde abnehmen, trifft die erwartungsfrohe Frau der Schlag: Ausgerechnet hier soll sie ihren 65. verbringen? Hier, wo sie stets unglücklich war? Die drei erwachsenen Kinder sind ratlos. Dieser Ort hier am beschaulichen See im beschaulichen Bayern ist für Irma ein Ort der Wunden und Verletzungen. Kein guter Platz zum Feiern. Als auch noch Überraschungsgäste eintreffen, darunter ausgerechnet Irmas ehemalige Klassenkameradin Heidrun (Peggy Lukac), die damals etwas mit Irmas Mann hatte, da scheint das Desaster perfekt.

Allein der Titel „Alles Liebe“ wirkt wie pure Ironie, wie blanker Hohn. Denn es ist wahrlich alles andere als alles Liebe, was zwischen Irma, den drei Kindern, Heidrun und dem Rest an diesem Geburtstag ausgetauscht wird. All die Verletzungen und Missverständnisse haben dazu geführt, dass sie in Distanz leben. Wirkliche Nähe wird hier lange schon nicht mehr gelebt. Keiner sieht den anderen so, wie er wirklich ist. Und alle leiden sie darunter. Den schwierigen Prozess dieser sehr schmerzlichen Erkenntnis zeichnen Kai Wessel und Beate Langmaack über weite Strecken sehr einfühlsam und glaubwürdig nach. Damit es auch diese Familie schafft, aus der Apathie aufzuwachen. Thilo Wydra

„Alles Liebe“, ARD, 20 Uhr 15

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