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Medien: Alles Mango

Wenn es der Wirtschaft und damit der Werbung dreckig geht, gewinnt der Mutige – sollte man meinen. Das Gegenteil ist der Fall.

Wenn es der Wirtschaft und damit der Werbung dreckig geht, gewinnt der Mutige – sollte man meinen.

Das Gegenteil ist der Fall. Mutige Werbung wird schon im Vorfeld abgewürgt. Der Fachmann nennt so etwas Pre-Test. Menschen aus der Zielgruppe, so genannte Testpersonen, werden zu jedem Anzeigenleinchen und TV-Spötchen gefragt, was sie denn davon halten. Und die Urteile sind wie bei Leuten, die zum ersten Mal im Leben Spargel oder eine Mango essen. Sie vergleichen den Spargel mit Blumenkohl und die Mango mit einer Birne – weshalb beides irgendwie komisch schmeckt, im Zweifel unangenehm. So ergeht es allen Kampagnen, die vor der Veröffentlichung auf Akzeptanz abgeklopft werden. Die Testpersonen – nicht selten im Dauereinsatz – vergleichen die neue Autowerbung mit den Autokampagnen, die sie seit Jahren kennen.

Und wenn in einem TV-Spot der GTX Zerbus nicht über spanische Landstraßen galoppiert, sondern auf einem Autoreisezug gezeigt wird, kann etwas nicht stimmen. Dass die Familie im Auto sitzen bleibt, weil es viel schöner und bequemer ist als das Zugabteil, wird erst gar nicht wahrgenommen. Dafür sorgt das Testinstitut, indem es entsprechende Fragen stellt.

Die wenigen Anzeigen und TV-Spots, die Ihnen Freude machen, hätten hingegen einen Pre-Test nie bestanden. Die Anzeige mit der zerzausten Angela Merkel für Sixt etwa wäre von den Testpersonen total rasiert worden: „So etwas können Sie doch nicht machen.“ Aber auch viele Getränke, Möbel, Kleidungsstücke – praktisch alles, was neuartig und ungewohnt ist – würde als Muster in irgendeinem Lager vor sich hindümpeln. Selbst die Berliner Currywurst hätte so einen Vortest wohl nie überlebt: Zu rot, zu gelb, zu scharf, nicht grob genug, zerstückelt, ohne Senf – alles Soße beziehungsweise Mango. Reinhard Siemes

Reinhard Siemes

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