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Medien: Andrea Sawatzki im Gespräch: "Der Großteil ist schrecklich"

Der heutige Sat 1-Film "Nur mein Sohn war Zeuge" erinnert sehr stark an Peter Weirs "Der einzige Zeuge", vor allem die Idee von der unversehrten, ländlichen Idylle inmitten einer Hightech-Welt.Gerade diese Stelle im Drehbuch hat mir eher Magenschmerzen bereitet.

Der heutige Sat 1-Film "Nur mein Sohn war Zeuge" erinnert sehr stark an Peter Weirs "Der einzige Zeuge", vor allem die Idee von der unversehrten, ländlichen Idylle inmitten einer Hightech-Welt.

Gerade diese Stelle im Drehbuch hat mir eher Magenschmerzen bereitet. Denn ich war mir nicht sicher, ob sich das wirklich filmisch umsetzen lässt, ohne gleich in Kitsch abzudriften. Da habe ich wirklich eine große Gefahr gesehen.

Sind die Drehbücher in Deutschland so dürftig, dass man sich nur mit Adaptionen helfen kann?

In der Tat ist die Lage nicht gerade rosig, wie schließlich auch das vor einiger Zeit aus internen ARD-Kreisen unfreiwillig bekannt gewordene Thesen-Papier zum Thema Spielfilme gezeigt hat.

Wie wählen Sie aus, was Sie spielen?

Ich habe mit meiner Agentur ein Abkommen, dass man dort bereits eine Vorauswahl trifft. Ich weiß diesbezüglich, dass man 70 bis 80 Prozent der angebotenen Stoffe einfach nicht spielen kann, wenn man ein halbwegs gesundes Qualitätsbewusstsein hat. Der Großteil ist einfach fürchterlich, es sei denn, man will auf die Schnelle unbedingt viel Geld verdienen.

Unterschätzen die Sender ihr Publikum?

Mir sind die Gründe auch nicht so ganz klar, denn schließlich gibt es genug Kollegen, die Interesse an guten Stoffen haben, und ich glaube auch, dass es in Deutschland durchaus gute Schreiber gibt. Nur am Geld kann es auch nicht liegen, denn schließlich müssen gute Produktionen nicht zwangsläufig teurer sein als schlechte. Da hat man tatsächlich manchmal den Eindruck, dass die Verantwortlichen ihr Publikum für blöde halten.

Ausnahmen bestätigen die Regel, auch im Kino, wie "Das Experiment" zeigt, in dem Sie auch gerade zu sehen sind.

Als Christian Berkel und ich das Buch bekommen haben (Sawatzki und Berkel leben zusammen; d. Red.), da waren wir völlig aus dem Häuschen. So einen Stoff bekommt man nur ganz selten auf den Tisch, und vor allem handelte es sich endlich mal nicht um eine Komödie.

Waren diese Dreharbeiten eine besonders drastische Erfahrung?

Obwohl wir alle hervorragend zusammen gearbeitet haben, konnte man mit zunehmender Dauer feststellen, dass sich eine immer größere Spannung aufgebaut hat; plötzlich saßen in den Pausen "Wärter" und "Gefangene" nicht mehr an einem Tisch. Wenn eine Szene abgedreht war, wurden die Zellen manchmal nicht gleich aufgeschlossen. Die "Gefangenen" haben an den Stäben gerüttelt, was von Videokameras in den Monitorraum übertragen wurde, einfach um mal zu sehen, wie die Schauspieler reagieren.

Wie groß ist dabei die Gefahr, sich selbst zu verlieren?

Ich habe da für mich eine ganz wirksame Methode entwickelt. Erst wenn ich das Kostüm anhabe, tauche ich wirklich in eine Rolle ein. Und genauso lasse ich die Figur am Abend hinter mir, wenn ich die Maske ablege und das Kostüm wieder ausziehe. Dann bin ich wieder ich selbst.

Gibt es Rollen, wo das besonders schwer fällt?

Zu dem Zeitpunkt, als mein Sohn noch sehr klein war, habe ich eine Kindermörderin gespielt, auch um mich selbst herauszufordern. Das ging schon sehr nah an die Grenze dessen, was ich verkraften kann. Ich habe mich damals gefragt, ob ich als Mutter so etwas überhaupt spielen darf.

Wonach entscheiden Sie, was man spielen darf und was nicht?

Entscheidend ist, dass die Psychologie einer Figur für den Zuschauer nachzuvollziehen ist. Dabei geht es nicht um Sympathie, sondern nur um Logik. Denunziert man aber eine Figur, nur um eine reißerische Szene zu bekommen, dann ist das mit mir nicht zu machen.

Viele der Frauen, die Sie spielen, sind im Leben zu kurz gekommen.

So sehe ich das gar nicht, denn eigentlich sind wir doch alle in bestimmten Phasen unseres Lebens zu kurz gekommen. Und diese Phasen sind nun mal interessanter als die, in denen alles glatt läuft.

Ist das ein Vorteil im Hinblick auf das Älterwerden?

Unbedingt. Filme mit Frauen ab dreißig finde ich meistens viel interessanter als Filme über Probleme von Frauen mit zwanzig. Ich will Geschichten erzählen, da ist es egal, ob man zwei Falten mehr hat oder nicht. Es ist doch todlangweilig, makellosen Frauen oder Männern beim Schönsein zuzuschauen.

Sie sind schon sehr lange im Geschäft, den Durchbruch haben Sie aber erst jenseits der Dreißig geschafft. Gab es Momente, in denen Sie aufgeben wollten?

Ja, so einen Augenblick hat es gegeben. Damals hatte ich "Das Schwein" gedreht, und ich war sicher, jetzt würde meine Karriere ins Rollen kommen. Im Gegenteil! Nichts passierte.

Jetzt sind Sie im Geschäft. Was brachte den Umschwung?

Ich bin damals für zwei Monate nach Frankreich gegangen, und die Natur und das Meer haben mir sehr geholfen. Ich konnte loslassen und sagen "Es hat keinen Sinn, jetzt lasse ich es!". Und in dem Augenblick kamen plötzlich drei gute Angebote, unter anderem "Der König von St. Pauli". Also bin ich zurück nach Deutschland gegangen und bin auch Schauspielerin geblieben.

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