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Medien: Andrej Tarkovskij im Doppelpack

Philosophie und Kunst pflegen seit je eine spannungsvolle Liebesaffäre. Der Künstler strebt nach den letzten Wahrheiten, der Philosoph präsentiert sein Denken gern ästhetisch vollendet.

Philosophie und Kunst pflegen seit je eine spannungsvolle Liebesaffäre. Der Künstler strebt nach den letzten Wahrheiten, der Philosoph präsentiert sein Denken gern ästhetisch vollendet. Ernst Bloch war so ein Künstlerphilosoph, dessen Texte den Glanz großer Literatur ausstrahlen. Auch mündlich soll Bloch ein Charismatiker von Gnaden gewesen sein. Wer das überprüfen will, kann jetzt alte Bänder hören. Vor 40 Jahren hielt Bloch im Radio einen Vortrag über den Dichter Bertolt Brecht. Wie sich bei Brecht Emotionalität und Aufklärung ergänzen und kontrapunktisch vorantreiben. Eine kunstphilosophische Analyse auf Augenhöhe, eine Begegnung zweier Meister des geistigen Effekts. Für die Reihe „Ansichten über Lyrik“ wird Blochs Vortrag noch einmal aus den Archiven gekramt (Deutschlandfunk, 6. Dezember, 20 Uhr 30, UKW 97,7 MHz).

Die Nobelpreise für Chemie und Medizin gehen in diesem Jahr an Genetiker. Prämiert werden Forschungen, die sich mit scheinbar Überflüssigem beschäftigen. Wer vor 20 Jahren im Biologieunterricht gelernt hat, dass nur die sogenannte DNA für das Vererben zuständig ist, sollte das Wissenschaftsfeature „Kopierwerk des Lebens“ von Matthias Eckoldt nicht verpassen. In der Pionierzeit der genetischen Forschung fand man im Zellinneren eine Menge Eiweiße, die scheinbar keine Funktion hatten. Irgendwie redundantes, nutzloses Material. Die neuen Nobelpreise gehen nun an Forscher, die das Nutzlose als spielentscheidende Faktoren betrachten. In Eckoldts Feature kommen Genetiker zu Wort, und am Ende ahnt man , worum deren tiefste Gedanken kreisen (Deutschlandradio Kultur, 7. Dezember, 19 Uhr 30, UKW 89,6 MHz).

Neben vielen anderen Überraschungen hat uns das neue Jahrtausend auch eine Revolution beim Kaffeegenuss gebracht. Während der Deutsche früher vor allem zwischen Kännchen und Tasse zu wählen hatte, kann er sich nun an einer unübersehbaren Fülle exotischer Kaffeespezialitäten erfreuen. In seinem Feature „Viva el Café“ reist Autor Wolf Sören Treusch zu den Wurzeln des aromatischen Vergnügens. In Südamerika und Afrika wird der Kaffee für Europa gemacht. Treusch erzählt von Geschichte und Gegenwart des Kaffeegeschäfts und porträtiert Zeitgenossen, die sich von selbigem mehr oder weniger auskömmlich ernähren können (Kulturradio, 9. Dezember, 9 Uhr 05, UKW 92,4 MHz).

Wäre Andrej Tarkovskij nicht so früh gestorben, hätte er noch einen Film in Berlin gedreht. Der Regisseur interessierte sich für deutsche Romantiker, besonders für E. T. A. Hoffmann. Es gibt ein Szenario für den geplanten, aber nie realisierten Film. Autor Kai Grehn hat daraus das Hörspiel „Hoffmanniana“ gemacht. (Deutschlandfunk, 9. 12., 20 Uhr 05).

Mitte der sechziger Jahre hat das Kinogenie Andrej Tarkovskij auch ein Hörspiel für das Moskauer Kulturradio gemacht. Eine Bearbeitung der Erzählung „Turnabout“ von William Faulkner. „Volle Kraft zurück“ erzählt die Geschichte eines Kindersoldaten im ersten Weltkrieg. Der 17-jährige Marineleutnant Hope gehört zur Besatzung eines Torpedoschiffes im Ärmelkanal. Ein jugendlicher Krieger am Rande des Nervenzusammenbruchs. Auch im Radio inszenierte Tarkovskij mit enormen Gespür für atmosphärische Wirkungen. Ein akustisches Klima von Klaustrophobie, Schuldneurose und Todesangst. Die deutsche Fassung ist mit einer behutsamen Synchronisation unterlegt (Deutschlandfunk, 9. Dezember, 21 Uhr).

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