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Anne Will diskutierte am Mittwoch über islamistischen Terror und die Wahrung von Grundrechten.

©  Jens Kalaene/dpa

"Anne Will" über islamistischen Terror: Günther Jauch kann gehen

Anne Will in Sonntagsform: Mit einem klugen Talk über Freiheit und Sicherheit, Videoüberwachung und Vorratsdatenspeicherung beschloss sie am Mittwoch einen ARD-Themenabend.

BKA-Gesetz. Vorratsdatenspeicherung. Datenschutz-Grundverordnung. Akustische Raumüberwachung. Richterlicher Beschluss. Klingt trocken, abgehoben. Nichts, was man einem normalen TV-Zuschauer zumuten kann, ohne dass er panisch zur Fernbedienung greift.

Was tun? Es gibt gewiefte Programmplaner. Man nehme den Degeto-Fernsehfilm „Unterm Radar“. Ein islamistischer Terroranschlag in Berlin. Der BKA-Chefermittler dreht durch. Rasterfahndung, Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und Folter, alles wird verwendet, um eine Unschuldige zu überführen. Zweiter Programmteil, eine Talkshow mit dem Thema „Kampf dem islamistischen Terror – Wie weit darf der Staat gehen?“ Ohne Pause, nahtlos verbunden.

Während des Abspanns von „Unterm Radar“ beginnt Anne Wills Talk. Dann kriegt das Ganze noch ein Label. ARD-Themenabend „Grundrechte im Angesicht des Terrors“. Fertig ist ein Trojanisches Medienpferd. Mit der Popularität von Heino Ferch und Christiane Paul kann man dem Zuschauer auch mal 'ne Quotengift-Diskussion unterjubeln. Ohne dass er wegzappt. Das ist optimierter Audience Flow.

Dabei hat Anne Will das gar nicht nötig. Ihre Gäste, die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Innenausschuss-Mitglied Wolfgang Bosbach, der Terrorismus-Experte Peter Neumann und die Autorin Juli Zeh. Alle Vertreter unterschiedlicher Standpunkte und Sichtweisen. Der pragmatische Bosbach. Die menschenrechtstreue Schnarrenberger. Der wissenschaftliche Neumann. Und die freiheitsliebende Zeh. Und Anne Will, von der schon lange klar war, dass sie der viel bessere Günther Jauch ist. Talkshow-klassisch, aber nie langweilig, werden verschiedene Aspekte besprochen und abgearbeitet.

Polizei, Geheimdienste - und Selbstbewusstsein

Erster Punkt: das kamerawütige England. Plätze. Straßen. Bahnhöfe. U-Bahn. Überall wird aufgezeichnet. Niemand stört sich daran. Dagegen hätte die Diskussion um einen Personalausweis fast zu einer Revolution geführt. Andere Länder, andere Datensitten. Stärken viele Kameras das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen? Kann sein. Verhindern sie Terroranschläge? Ganz sicher nicht. Erleichtern sie Ermittlungen danach? Ja und Nein.

Zeh kennt ein ganz tolles Mittel gegen islamistischen Terror. Selbstbewusstsein. Wir im Westen müssen einfach mal selbstbewusst sein. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass beim Autofahren oder im Haushalt viel mehr Menschen sterben als durch Terroranschläge. Als ihr Bosbach das verbal um die Ohren haut, rudert Zeh zurück. Sie sei missverstanden worden. Natürlich sind Polizei und Geheimdienste nötig. Ermittlungen. Austausch. Im gesetzlichen Rahmen. Nur wo endet der?

Transparenz statt Panikmache ist das Gebot

Neumann erläutert zwei wichtige Punkte. Die Bedrohung durch Terrorismus darf nicht übertrieben werden. Stichwort: Panikmache. Aber es darf auch nichts verschwiegen werden. Und die verschiedenen Methoden zur Terror-Bekämpfung müssen transparent sein. Und immer wieder rechtlich überprüft werden.

Dann geht’s noch um die Vorratsdatenspeicherung, die am kommenden Freitag beschlossen werden soll. Leider wird’s da zeitlich etwas knapp. Bosbach kann seine mitgebrachten Unterlagen nicht mehr vortragen. Immerhin erfahren wir, das Anne Will zwecks Recherche auch mal im  „Pinneberger Tageblatt“ liest. Und das Bosbachs Handy betagt ist wie eine „altägyptische Grabbeigabe“. Und damit für Spionage völlig ungeeignet.

Fazit: sprödes Thema. Klug, interessant und facettenreich besprochen. Der TV-Sonntag wartet ungeduldig auf Anne Will.

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