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Jakob Augstein weist die Antisemitismus-Vorwürfe gegen ihn als Diffamierung zurück.

© dpa

Antisemitismus-Vorwürfe: Henryk M. Broder verschärft Kritik an Jakob Augstein

Die Debatte um die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Verleger Jakob Augstein geht in voller Schärfe weiter. Während einige Prominente den Journalisten ausdrücklich in Schutz nehmen, legt Henryk M. Broder nach - und das sehr deutlich.

Nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen Jakob Augstein nehmen Prominente wie Politiker und Journalistenvertreter den Journalisten und Verleger der Zeitung „Freitag“ in Schutz. Auch Augstein selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe.

„Wenn jemand in einer freien Gesellschaft Regierungen kritisiert, ist das sein gutes Recht. Wenn man daraus Antisemitismus ableitet, dann ist das sehr gewagt“, sagte CDU-Bundesvize Julia Klöckner am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Ähnlich äußerte sich Linksfraktionschef Gregor Gysi. Augstein sei ein herausragender kritischer Journalist, der teils berechtigte, teils unberechtigte Kritik an der Politik der israelischen Regierung übe. „Deshalb aus ihm einen Antisemiten schmieden zu wollen, geht völlig fehl und unterstützt den schleichenden Antisemitismus.“ Man müsse endlich lernen, sich mit offen ausgesprochener Kritik in der Sache auseinanderzusetzen.

Michel Friedman, TV-Moderator und ehemaliger Vizepräsident des Zentralrats der Juden, warnte im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „Ich halte die Israel-Kritik von Jakob Augstein für überzogen, falsch und unverhältnismäßig polemisch. Aber mir machen die sichtbaren Antisemiten, die braunen Mörder, die Terroristen und die hellbraunen Nazis auf Cocktailempfängen mehr Sorgen. Wenn einer 2012 wegen antisemitischer Israelkritik aufgefallen ist, dann Günter Grass mit seinem furchtbaren Gedicht. Und der hat weitaus mehr Einfluss als Jakob Augstein. Dennoch: Weder Grass noch Augstein gehören auf so eine Liste.“ Der Publizist und Buchautor Rafael Seligmann sagte nur: „Es ist mir egal, ob Augstein ein Antisemit ist. Aber er hat in Sachen Israel einen sehr begrenzten geistigen Horizont.“

In seiner internationalen Top-Ten-Negativliste „anti-semitischer und anti-israelischer Israel Verunglimpfungen“ 2012 hat das Wiesenthal-Zentrum Augstein auf Platz neun gesetzt. Platz eins belegen die ägyptischen Muslimbrüder Mohammed Badie und Futouh Abd Al-Nabi Mansour. Es folgt Irans Staatspräsident Mahmoud Ahmadinedschad. Das in Los Angeles ansässige Zentrum begründet die Vorwürfe gegen Augstein mit seinen Spiegel-Online-Kolumnen, in denen er sich mit der Politik Israels auseinandersetzt. Weiter beruft sich die Organisation auf den Publizisten Henryk M. Broder, der Augstein als „lupenreinen Antisemiten“ bezeichnete und als „kleinen Streicher“, in Anlehnung an den NS-Propagandisten Julius Streicher. Hat Broder selbst dem Wiesenthal-Zentrum vorgeschlagen, Augstein in die Liste aufzunehmen? „Nein, ich habe damit nichts zu tun. Ich stehe mit dem Zentrum in keinem Kontakt“, sagte Broder dem Tagesspiegel.

Broder schmeißt beim RBB hin

Augstein selbst wehrte sich am Donnerstag erneut gegen die Vorwürfe und wies sie als Diffamierung zurück. Das Wiesenthal-Zentrum, das sich dem Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus verschrieben hat, habe seinen ganzen Respekt. „Umso betrüblicher ist es, wenn dieser Kampf geschwächt wird. Das ist zwangsläufig der Fall, wenn kritischer Journalismus als rassistisch oder antisemitisch diffamiert wird“, sagte Augstein.

Broder ist allerdings nicht der Ansicht, Augsteins kritischen Journalismus diffamiert zu haben. „Das, was Jakob Augstein betreibt, ist kein kritischer Journalismus, sondern Ausdruck seiner eigenen, ressentimentgeladenen Selbstdarstellung. Im besten Fall schlechte Literatur.“ Seine Kritik an Augstein verschärft Broder weiter: „Augstein sieht sich als kritischer Journalist, so wie sich ein Pädophiler als Kinderfreund ansieht. Auf die Selbstwahrnehmung kommt es dabei nicht an.“ Auch angesichts der großen, öffentlichen Unterstützung für Augstein rückt Broder nicht von dieser Position ab.

Dafür ist er vom RBB abgerückt. Am Donnerstag hat Broder seine wöchentliche Kolumne bei Radio Eins gekündigt. Seiner Darstellung nach sollte er seinen Kommentar an diesem Freitag ausfallen lassen, dafür ein Antisemitismusexperte zu Wort kommen. Dieses Verhalten sei ihm gegenüber illoyal und sachlich durch nichts zu rechtfertigen, erklärte Broder auf welt.de seinen Abschied.

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