zum Hauptinhalt
„Wir sind die Guten“, hat Ex-BND-Chef Gerhard Schindler im ARD-Film nicht ohne Hintersinn gesagt. Im Juni wurde er aus parteipolitischen Gründen abgelöst.

© AFP

ARD-Dokumentation über BND: Epilog eines Präsidenten

Diese BND-Doku der ARD war nur durch die Offenheit des geschassten Präsidenten Gerhard Schindler möglich. Schade nur, dass es im Wesentlichen nur um die NSA-Affäre geht.

Von Frank Jansen

Am Anfang gibt es ein bisschen James Bond. Erst wird im Schießstand des Bundesnachrichtendienstes geballert. Dann sind wir plötzlich im Nordirak, der dort stationierte Resident des Bundesnachrichtendienstes begibt sich mit kurdischen Kämpfern an die Front. Der Beamte lobt die Peschmerga für ihren Kampf gegen die Terrormiliz IS. Die Kurden freuen sich über die von der Bundeswehr gelieferten Panzerabwehrraketen vom Typ Milan. Ein Kommandeur der Peschmerga warnt allerdings vor dem Einsatz von Giftgas durch die Dschihadisten.

Die ersten Szenen im ARD-Film „Schattenwelt BND – Wie viel Geheimdienst braucht Deutschland?“ sind nicht nur spannend, sondern auch eine kleine Sensation. Wann hat der BND jemals einen Residenten und dann noch in einem Kriegsgebiet von einem Kamerateam filmen lassen? Die Zuschauer sehen dem Nachrichtendienstler zwar nicht ins Gesicht, die meisten der später auch noch gezeigten BND-Leute sind sogar nur als Schattenmänner sichtbar, mit verfremdeter Stimme. Und dennoch: Dieser Film wirkt wie ein Vermächtnis des früheren BND-Präsidenten Gerhard Schindler, der Ende Juni gegen seinen Willen weichen musste. So offen, so engagiert für Transparenz, war zuvor kein anderer Chef des Auslandsnachrichtendienstes der Bundesrepublik. Da wirkt es fast schon tragisch, dass die Auftritte Schindlers im Film heute nun wie der Epilog eines BND-Präsidenten wirken, der vor dem baldigen Ende seiner Laufbahn stand, ohne es zu ahnen.

Da wäre mehr möglich gewesen

Hat denn die ARD die Offenheit Schindlers genutzt? Die Antwort lautet „Jein“. Schindler selbst gibt zwar reichlich Auskunft und lässt mehr BND-Spezialisten im Fernsehen reden, als das zuvor jemals üblich war. Doch der Film bleibt lange in einem Thema stecken. Die Verstrickung des BND in die auch auf deutschem Boden weit ausgreifenden Aktivitäten des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA wird umfassend aufbereitet. BND-Kritiker wie die Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele und Konstantin von Notz kommen mehrere Male zu Wort. Das wäre verständlich, wenn die ARD einen Film über die NSA-Affäre angekündigt hätte. Und nicht über den BND an sich. Da wäre deutlich mehr zu erzählen. Gerade auch wenn die ARD die Frage stellt, wie viel Geheimdienst Deutschland brauche.

So wird zu wenig darauf eingegangen, mit welchen Gefahren die Bundesrepublik konfrontiert wird und was der BND (ebenso wie Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst) da als Frühwarnsystem zu leisten hat. Und auszuhalten. Russische, chinesische und iranische Geheimdienste, um nur die übelsten zu nennen, agieren aggressiv, gehen auch über Leichen und müssen sich keinem Datenschützer stellen, keinem Untersuchungsausschuss, keiner parlamentarischen Kontrolle. Dennoch erwartet die Bundesrepublik vom BND und ihren weiteren Nachrichtendiensten, dass sie der rabiaten ausländischen Konkurrenz – zu der bisweilen, ja doch, auch die Amerikaner zählen – gewachsen sind.

Wie der BND mit diesem Widerspruch umgeht, wo er an Grenzen stößt, die ihm auch und gerade der Rechtsstaat zieht – das wäre für den Film ebenfalls eine interessante Optik gewesen. Erst recht, wenn man mit einem vergleichsweise unkonventionellen BND-Chef wie Gerhard Schindler reden kann. Daraus hätte die ARD mehr machen können. Dann hätte sich auch der Hintersinn von Schindlers ironischer Bemerkung im Film stärker erhellt: „Wir sind die Guten.“

„Schattenwelt BND – Wie viel Geheimdienst braucht Deutschland?“, ARD, Mittwoch, 22 Uhr 45

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false