zum Hauptinhalt
Der etwas andere Lottogewinn. Günther (Armin Rohde, links) und Wolfgang (Ludger Pistor) sind langzeitarbeitslos. Dann aber findet sich ein Koffer voll Geld. Foto: ARD

© WDR/Thomas Kost

ARD-Mittwochsfilm: Schlechte Lage, gute Laune

"Ein Schnitzel für drei" ist eine Ruhrpottkomödie für Deutschland auf Hartz IV.

Wie kommt man am besten durch die Langzeitarbeitslosigkeit, mit geradem Rücken und ungebrochenem Selbstwertgefühl? Wolfgang Krettek (Ludger Pistor), ehemals Herrenausstatter, versucht es auf die softe Tour: Immer ein freundliches Grüßen für die zickige Dame vom Jobcenter (Margit Bendokat), jede noch so unsinnige Fortbildung wird eifrig besucht, der Spruch „Kommunikation ist das Wort der Stunde“ lässt sich gelegentlich auch am heimatlichen Küchentisch gewinnbringend vorbringen, und jeden Tag zwei Bewerbungen loszuschicken ist doch Ehrensache. Merke: Was auch passiert, immer geduldig und freundlich bleiben. Doch irgendwann brennen die Ablehnungsschreiben in der Spüle.

Wolfgangs bester Kumpel Günther Kuballa (Armin Rohde), ehemals Robbenpfleger im Zoo, geht die Sache komplett anders an. Der knallt der Mitarbeiterin vom Arbeitsamt kurzerhand das Riesenaquarium auf den Tisch, das er in seiner Kleinwohnung nicht mehr unterbekommt, wirft der Fortbilderin vom Callcenter das Headset um die Ohren, als sie hochnäsig mäkelt, er klinge nicht freundlich genug.

Günther lässt es sich nicht nehmen, seine Robben weiter zu besuchen und zu füttern, da mag der Zoodirektor, der ihn wegrationalisiert hat, noch so sehr zetern, und als er durch Zufall bei seinem dementen Nachbarn Hermann einen Koffer voll Geld findet, steht für Günther fest: Nie wieder Arbeitsamt. Und als Erstes wird ein schicker Maserati ausgeliehen.

Gute Laune, schlechte Laune: Regisseur Manfred Stelzer hat in seiner schwungvollen, saftigen Ruhrgebietskomödie „Ein Schnitzel für drei“ zwei konträre Naturelle zusammengespannt, den Optimisten und den Pessimisten, den Anpasser und den Aufrührer, und doch sind beide echte Kumpels mit Herz, die sich nicht kleinkriegen lassen, weder vom Arbeitsamt noch von anderen Lebenskatastrophen. Wäre doch gelacht, wenn dem Schicksal gemeinsam nicht beizukommen wäre. Und irgendwann ist selbst Günthers schöne, herbe Flurnachbarin Eva (Caroline Peters) gewonnen, und auch bei Kretteks zu Hause funkt es wieder – die Vermutung, Wolfgang könnte in einen Bankraub verwickelt sein, wirkt offenbar ungeheuer beflügelnd auf das Eheleben.

Das funktioniert so wahrscheinlich nur im Ruhrgebiet – oder in Berlin. Da, wo die Chancen auf Weiterbeschäftigung gering und die Lebensbedingungen mäßig attraktiv sind und wo doch eine lange Tradition besteht, dass man sich um einander kümmert, um den besten Kumpel, um Frau und Kind, aber auch um den dementen Nachbarn, der immer noch seiner verstorbenen Frau hinterhertrauert. Denn diesen Hermann (großartig lakonisch in seinem Elend: Branko Samarovski) beklauen Wolfgang und Günther zwar, lassen ihm dafür jedoch ein Fürsorgeprogramm angedeihen, das auf dem offiziellen Pflegemarkt unbezahlbar wäre.

Natürlich sind die Ruhrgebietsgewächse Rohde und Pistor die Richtigen, um diese Mischung aus Ruppigkeit, Chuzpe und Solidarität über 90 Minuten durchzuhalten. Hier stimmt der Ton, hier stimmt, in den Zeitrafferaufnahmen von Kinozentren und Industriebrachen, von Innenstadt-Ödnis und Kleinwohnungstristesse, auch der Look, und das Buch sowieso. Ein Mutmacher-Film. Wir brauchen ihn. Dringend.

„Ein Schnitzel für drei“, 20 Uhr 15, ARD

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false