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Dauerlächeln beim Tanz: Professor Boerne (Jan Josef Liefers, links) und Kommissar Thiel (Axel Prahl)

© WDR/Martin Menke

ARD-"Tatort" aus Münster: Ausgerutscht auf dem Humorparkett

Jan Josef Liefers und Axel Prahl im Formationstanz: Der Kriminaltango der Münsteraner „Tatort“-Komiker überzeugt nicht.

Noch wichtiger als die richtige Schrittfolge ist für einen professionellen Tänzer das fest ins Gesicht geschraubte Dauerlächeln, mit dem die Leidenschaft für diesen Hochleistungssport zum Ausdruck gebracht wird. „Ohne echte Begeisterung und 110 Prozent Einsatz schafft man es nicht in die Bundesliga des Formationstanzes“, bläut so auch Trainer Andreas Roth (Max von Pufendorf) seiner Truppe von der Tanzsportgemeinschaft Münster immer wieder ein. Doch das Lächeln vergeht den jungen Tänzern und Tänzerinnen in dieser "Tatort"-Episode, als sich herausstellt, dass es sich bei der skelettierten Leiche aus dem Wald von Wolbeck um ihre ehemalige Kollegin Elmira Dumbrowa handelt.

Ausgerechnet eine für Tänzer typische Deformation eines Fußknochens hat dem Münsteraner „Tatort“-Team mit Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) den Weg zur Tanzsportgemeinschaft und ihrem Präsidenten, dem Sportmediziner Winfried Steul (Thomas Heinze mit feschem Clark-Gable-Bart), gewiesen. Doch weder Marie Ade (Mersiha Husagic) als ehemalige Zimmergenossin der Moldawierin noch Dumbrowas damaliger Freund Jonas Körner (Gordon Kämmerer) können oder wollen Thiel und Boerne weiterhelfen.

Für den „Tatort“ aus Münster kann die Umgebung nicht skurril genug sein. Einmal fanden die Ermittlungen rund um einen Pferdezuchtbetrieb statt, ein anderes Mal war es ein Burschenschafter-Treffen, das den Hintergrund zu einem Mord lieferte. Stefan Cantz und Jan Hinter haben sich dieses Mal nun für den Profi-Tanzsport entschieden. Die beiden Autoren sind die geistigen Väter des Münsteraner „Tatort“, dreizehn Fälle stammen seit 2002 aus ihren Federn. Sie sehen es immer noch als ihre Aufgabe an, in Münster die grobe Richtung vorzugeben. An diesem Sonntag präsentieren sie den Zuschauern unter der Regie von Thomas Jauch einen wahrhaftigen Kriminaltango, mit Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Reibeisenstimme Mechthild Großmann) und Karl-Friedrich Boerne als überraschend leichtfüßiges Tanzpaar.

Der kriminalistische Teil der Geschichte hinkt dem komödiantischen allerdings hinterher. An Motiven wie Eifersucht und Missgunst mangelt es ebenso wenig wie an möglichen Verdächtigen, doch diese Scharaden wirken halbherzig, die Lösung deutet sich recht früh an. Doch der Fall ist in Münster ohnehin häufig genug nur der Vorwand für Slapstick und gallige Dialoge. Das hübsch präparierte Skelett der toten Tänzerin könnte so auch zum Inventar einer Geisterbahn gehören. In jedem Fall wird es nicht bei einem grausigen Fund bleiben, denn wie heißt es doch schon im Titel: „Ein Fuß kommt selten allein“.

Kino-Pläne vorerst auf Eis gelegt

Eine andere Sorge des WDR und des Teams um den Münsteraner „Tatort“ ist allerdings, dass es nach dem Debakel von Til Schweigers Kino-„Tatort“ auch für Axel Prahl und Jan Josef Liefers heißen könnte „Ein Flop kommt selten allein“. Entsprechend scheinen die Pläne für eine Kino-Auskopplung der Krimi-Reihe, wie einst mit Götz George als Horst Schimanski, für die Reihe mit Thiel und Boerne zunächst einmal auf Eis gelegt zu sein. „Unser Kino-„Tatort“ ist noch in der Pipeline, wie man so schön sagt“, hat Schauspieler Jan Josef Liefers kürzlich der Fernsehzeitschrift „Gong“ gesagt und ergänzt: „Aber die jüngsten Erfahrungen mit ,Tatort‘ im Kino haben bei potenziellen Partnern Zweifel aufgeworfen, ob das heute überhaupt noch funktionieren kann.“ Schweigers Kinofilm „Tschiller: Off Duty“ erreichte bis Ende März nur knapp 300.000 Zuschauer. Nach den bisherigen Planungen wird man den Streifen auch ohne Kinokarte im TV sehen können.

Dabei sind deutsche Komödien, und dazu sollte man den „Tatort“ aus Münster zählen, im Kino sicherlich erfolgreicher als Krimis aus Deutschland. Action „Made in Germany“ scheint nur zu funktionieren, wenn sie im Hollywood-Streifen läuft. Mit dem Humor ist es allerdings auch bei diesem „Tatort“ mit Boerne und Thiel nicht ganz so weit her. Claus D. Clausnitzer hätte als Vadder Thiel mehr verdient, als immer nur den Drogen – in diesem Fall Fliegenpilzen mit halluzinogener Wirkung – hinterherzujagen. Und auch die Witze über „Alberichs“ (Christine Urspruch) Größe werden durch ständiges Wiederholen nicht besser.

„Tatort: Ein Fuß kommt selten allein“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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