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Wandmalerei an der ehemaligen amerikanischen Botschaft in Teheran.

© Arte

Arte-Doku zum Atom-Deal mit dem Iran: Das Ringen im Inneren

Eine Arte-Dokumentation erzählt von der Entwicklung Irans nach dem Abschluss des Atom-Abkommens 2015. Einen Aspekt blenden die Autoren leider aus.

Keine Woche dauert es, bis die Deutschen kommen. Sechs Tage nach dem Abschluss der Verhandlungen zum Atom-Abkommen mit dem Iran im Juli 2015 wird Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Teheran vorstellig. Die Aussicht auf ein Ende der Sanktionen, auf neue florierende Geschäfte lockt nun westliche Delegationen in die Islamische Republik. Französische Manager folgen im September, Kontakte werden geknüpft und vertieft, Visitenkarten stapelweise getauscht.

Auch auf den Straßen Teherans wird das Abkommen gefeiert, den allseits präsenten anti-amerikanischen Parolen und Wandmalereien zum Trotz. „Wir hoffen, dass unser Leben, mit Gottes Hilfe, Tag für Tag besser wird“, sagt ein älterer Mann in einem Schnell-Restaurant, als im Januar ein weiterer Meilenstein erreicht wird: Die Internationale Atom-Energiebehörde IAEA bestätigt, dass der Iran alle westlichen Auflagen erfüllt habe. „Auf den Tag haben wir gewartet“, sagt auch Vincent Papait, Manager des französischen Konzerns Eiffage, der sich am Bau eines neuen Hafens am Persischen Golf im Süden des Landes beteiligen will. Ein französisches Filmteam hat die Entwicklung in dem für den Nahen und Mittleren Osten immens wichtigen Gottesstaat seit dem historischen Tag im Juli 2015 beobachtet. 40 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze, die Arbeitslosigkeit ist hoch: Es ruhen große Hoffnungen auf der Politik von Präsident Hassan Ruhani, zugleich kritisieren die konservativen Kräfte um den Obersten Religionsführer Ali Chamenei das Abkommen und schüren die Vorbehalte gegen den Westen, namentlich die USA.

Kontakte zu gefährlichen Individuen

Die Arte-Dokumentation „Iran – Atomdeal mit Folgen“ liefert einige bemerkenswerte Innenansichten von diesem Ringen zwischen den verschiedenen Lagern. Die Autoren durften beim Freitagsgebet in der Großen Moschee in Teheran drehen und sammelten Eindrücke vom Parlaments-Wahlkampf in der heiligen Stadt Ghom zu Beginn des Jahres.

Die Handels-Öffnung nach Außen greift nur langsam. Im Inneren dagegen kann man kaum von Öffnung sprechen, wie die Film-Autoren Vincent de Cointet, Antoine Mariotti und Stéphane Saporito am Beispiel des im November 2015 verhafteten Journalisten Isa Saharkhiz erzählen. Ali Akbar Velayati, einflussreicher Berater von Ayatollah Chamenei, verteidigt das Vorgehen gegen kritische Medienvertreter damit, dass sie „Kontakte zu gefährlichen Individuen pflegen“.

Auch das Reformlager kommt zu Wort, ebenso wie Journalisten und Wissenschaftler aus dem Iran sowie Iran-Experten aus Frankreich. Weitere Gesprächspartner sind Laurant Fabius, ehemaliger Außenminister Frankreichs, und Antony Blinken, Vize-Außenminister der USA.
Die deutsche Perspektive beschränkt sich auf wenige Bilder von Gabriels Teheran-Besuch. Nicht weiter schlimm, um so mehr hat man die Chance, das Thema mit den Augen der französischen Nachbarn zu sehen. Dabei fällt auf, dass sich der Film mit den außenpolitischen Wirkungen des Atom-Abkommens kaum beschäftigt. Irans Rolle als Regionalmacht, die die schiitische Terror-Miliz Hisbollah und den syrischen Diktator Baschar al-Assad unterstützt, kommt zwar zur Sprache. Auch wird Ruhanis Staatsbesuch im Januar in Paris analysiert.

Doch welchen Einfluss das Abkommen auf Irans Stellung in der Region und darüber hinaus hat, das blenden die Autoren aus. So verlieren sie kein Wort über Israel, und Irans großer Konkurrent Saudi-Arabien schafft es auch nur in einen Halbsatz.

„Iran – Atomdeal mit Folgen“, Arte, Dienstag, 21 Uhr 50

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