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AUGEN ringe: Ästhetische Standards

Nur bei der Flamme klemmte die Technik, da musste Wayne Gretzky etwas warten, sonst lief alles wie geplant: pathetisch, aber mit menschlichem Maß. „Grandios inszeniert“, „atemberaubend“ und „fürs Herz“, das waren die häufigsten Floskeln der ARD-Kommentatoren während der Eröffnungsfeier zu den 21.

Nur bei der Flamme klemmte die Technik, da musste Wayne Gretzky etwas warten, sonst lief alles wie geplant: pathetisch, aber mit menschlichem Maß. „Grandios inszeniert“, „atemberaubend“ und „fürs Herz“, das waren die häufigsten Floskeln der ARD-Kommentatoren während der Eröffnungsfeier zu den 21. Olympischen Winterspielen. „Der Schnee war künstlich, die Show natürlich“, resümierte Claus Lufen lakonisch.

Olympia – das soll unbedingt mehr sein als eine Addition von Weltmeisterschaften. So beschworen die Offiziellen „Ruhm und Ehre“, „Frieden und Toleranz“ sowie die „einzigartige Magie“ der Spiele, bauten geschmeidig eine Schweigeminute für den beim Training tödlich verunglückten georgischen Rodler ein, während die Veranstalter sich nicht scheuten, sogar das Religiöse zu streifen: gleich hinter die vorgeschriebene, knappe Eröffnungsformel hatten sie ein kraftvolles „Hallelujah“ gesetzt – als Livesong.

Die olympischen Rituale mit Athleteneinmarsch, Hymnen, Fahnen, Fackel, Flamme und Fairness-Eid waren eingebettet in eine Show mit Eingeborenen-Folklore, Gesangsstars wie Nelly Furtado und Bryan Adams, farbenfrohen Videoeffekten und vielen schwebenden Menschen. Sie erzählte von den kanadischen Regionen und den Jahreszeiten, von Staunen und Wundern, simulierte die Natur und deren Beherrschung und endete mit Kanada und dem Sport als Ankunft und Heimat.

Damit er medial und ökonomisch erfolgreich ist, darf der Sport offenbar alles sein, nur nicht profan. Er braucht die Überhöhung. Nur wertebasiert ist ein Event auch wertvoll. So schafft die olympische Bewegung, eine Leistungsschau jenseits von Arbeit und Krieg, im Beiprogramm allmählich auch globale ästhetische Standards: das moderne Weihefest fürs Herz kommt daher wie ein zirzensisches High-Tech-Musical mit Operneinlage. Bernd Gäbler

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