zum Hauptinhalt
Mehr als eine Marionette. Kater Mikesch in der Neuverfilmung von 1985.

© dpa

Augsburger Puppenkiste: Es war einmal...: Vor 50 Jahren fesselte Kater Mikesch das junge Fernsehpublikum

Nicht nur Burkhard Spinnen war verzweifelt, wenn er als Kind eine Folge mit Kater Mikesch verpasste. Heute hat die Augsburger Puppenkiste ihren Straßenfeger-Status verloren.

Bereits am Morgen stellte sich eine gewisse Unruhe ein, später konnte man nicht schnell genug vom Mittagstisch aufstehen und den Fernseher einschalten. Hessischer Rundfunk, die Ansagerin mit ihrem „Liebe Kinder, es ist wieder soweit...“, dann der große Moment: Wie ein „Sesam, öffne dich“ klappten die Kistendeckel mit der Aufschrift „Augsburger Puppenkiste“ auf. In den 60er und 70er Jahren war das große Magie für die Kinder in der Bundesrepublik. Einer ihrer Lieblingshelden aus der Kiste hieß Kater Mikesch, der vor 50 Jahren, am 22. November 1964, erstmals auf Sendung ging. In Schwarzweiß und gesprochen von Max Bößl..

Der Schriftsteller Burkhard Spinnen, 57, kann sich noch lebhaft an sein „Trauma“ erinnern, dass er die sechste und letzte Folge aufgrund der katholischen Feier zu seiner Erstkommunion verpasste. Deshalb bat er seinen Vater, das Finale für ihn zu verfolgen und ihm anschließend Bericht zu erstatten. Es ging um eine Frage von größer Wichtigkeit: Würde der sprechende Kater den von ihm zerdepperten Rahmtopf seiner Großmutter ersetzen können? „Leider wusste mein Vater nicht mehr zu sagen, als dass alles gut ausgegangen sei“, sagte Spinnen der Deutschen Presse-Agentur. Er wurde von einem Gefühl der Verzweiflung erfasst. Denn es gab ja noch keine Mediathek, keine DVDs, die es ihm erlaubt hätten, das Versäumte nachträglich anzuschauen. Das Einzige, was blieb, war die Hoffnung auf Wiederholung. Darüber konnten Jahre vergehen.

Mikesch und seine Freunde ließen sich mit Stofftieren darstellen

Die Augsburger Puppenkiste war berühmt für ihre Special Effects, die damals noch nicht Special Effects hießen. „Es gab 'ne Menge Krempel“, entsinnt sich Spinnen. „Wagen, Schiffe, Wasser.“ Das Wasser aus durchsichtiger Plastikfolie wurde besonders bewundert – die Star-Wars-Generation würde sich totlachen. Dass man oft noch sah, aus welchem Material die Kulissen gemacht waren – Karton, Watte, Pappmaschee – animierte zum Nachbasteln. Mikesch und seine Freunde, der Ziegenbock Bobesch und das Schwein Paschik, ließen sich mit Stofftieren darstellen. Fernsehspiel wurde zum Nachspiel im Kinderzimmer.

Josef Göhlen, 83, damals Leiter der Redaktion Kinder und Jugend beim Hessischen Rundfunk, weiß noch, wie er zusammen mit dem Drehbuchschreiber der Puppenkiste, Manfred Jenning, den Mikesch aus der Taufe hob. Vorlage war das Buch des tschechischen Autors Josef Lada, das gerade von Otfried Preußler übersetzt wurde. Der große Erfolg des Mikesch liegt an der Figur des Katers und an Manfred Jenning, sagt Göhlen.

1985 wurde Mikesch vom HR noch einmal verfilmt

Was Mikesch passiert, davor konnte sich jedes Kind fürchten. Er zerschlägt aus Versehen den Rahmtopf der Großmutter. Jetzt peinigen ihn das schlechte Gewissen und die Angst vor der Reaktion der Großmutter. Der Kater macht, was andere in seiner Situation vielleicht auch gerne getan hätten – er läuft weg, um in der „großen weiten Welt“ Arbeit zu suchen. Irrungen, Wirrungen, schließlich findet er Arbeit beim Zirkus Klutzki. Mit Geld in den Taschen, einem neuen Rahmtopf und Geschenken für seine Freunde kommt er nach Holleschitz zurück. Dort wartet schon der kleine weiße Kater Maunzerle, auch er kann schon sprechen, aber nicht so gut wie Mikesch. Autor Jenning habe die ganzen Klassiker stark geprägt mit seinem schwäbisch-bayerischen Humor, der ja sehr leise ist, auch ironisch, sagt Josef Göhlen. „Aber diese Ironie hat niemandem wehgetan, im Gegenteil.“

1985 wurde Mikesch von der Puppenkiste von dem HR noch einmal verfilmt: in Farbe und mit viel schöneren Figuren und Kulissen. Aber das Rad der Zeit hatte sich weitergedreht, die Puppenkiste hatte ihren Straßenfeger-Status verloren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false