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Auszeichnung: Zeitung mit Leidenschaft

Der Journalistenpreis „Der lange Atem“ zeichnet mutige und hartnäckige Journalisten aus.

Kinogänger mögen meinen, dass der große Coup à la Watergate-Enthüllung das Leben des Journalisten krönt. Treue Zeitungsleser hingegen wissen, dass die Welt sich auch dann zum Besseren wandelt, wenn Journalisten hartnäckig dran bleiben an Themen, sie mit Mut, Sorgfalt und Beharrlichkeit vorantreiben. Dafür hat der „Journalistenverband Berlin-Brandenburg“ den Preis „Der lange Atem“ ausgelobt, der am Mittwochabend zum dritten Mal vergeben wurde. „Uns geht es vor allem um Nachhaltigkeit“, sagte der Vorsitzende Gerhard Kothy.

Der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck, nutzte die Verleihung dazu, sich in seiner Ansprache als leidenschaftlicher Zeitungsleser zu erklären, der gewiss nicht der Gefahr der grassierenden „Bloggorhoe“ erliege: „Noch leben wir im Zeitalter analog raschelnden Papiers, noch gibt es die Courage, sich mit dem Ergebnis einer brisanten Recherche, unter vollem Namen und mit langem Atem, um Kopf und Kragen zu schreiben“, sagte er.

Die von Jörg Thadeusz kurzweilig moderierte Zeremonie war ganz nach dem Herzen von Journalisten organisiert: Informativ und unterhaltsam, aber aufs Wesentliche konzentriert, sodass anschließend noch viel Zeit für persönliche Gespräche blieb. Über der Bühne hingen groß die Portraits der neun Nominierten, darunter Tagesspiegel-Redakteur Ingo Bach, der den Klinikführer entwickelte und seit Jahren für mehr Transparenz der Kliniken kämpft. Auch Ariane Lauenburg, die als Redakteurin bei „Finanztest“ seit langem die Auswüchse des Kapitalmarkts aufdeckt, Hans-Martin Tillack, Korruptions-Experte beim „Stern“, der Anti-Doping-Kämpfer Hajo Seppelt, DDR-Kenner Roland Jahn und ZDF-Mann Christhard Läpple waren nominiert. Der Jury gehören Chefredakteure und Geschäftsführer Berliner Medien an. Jury-Präsident Hans-Ulrich Jörges forderte alle Nicht-Gewinner auf, sich ein zweites oder drittes Mal zu bewerben, weil die Entscheidung so schwer gefallen sei. Den ersten Preis bekam passend zum Jubiläum des Mauerfalls Andreas Förster, der seit 1984 bei der „Berliner Zeitung“ arbeitet, seit 1990 über die Stasi und andere Geheimdienste recherchiert und selber mal als IM angeworben werden sollte. Der dritte Preis wurde RBB-Mann Jo Goll für seine Migranten-Reportagen zugesprochen. Der zweite Preis ging an die „taz“-Expertin für Geschlechterstereotype Heide Oestreich und wurde auch beim anschließenden Empfang noch heftig diskutiert. „Stern“-Kolumnist Jörges war begeistert, wie die Preisträgerin eine zunächst abgestanden wirkende Thematik mit Brisanz und Leben füllt. Ex-„taz“-Chefin und Filmproduzentin Georgia Tornow fand den vorgelesenen Beitrag hingegen nicht aufklärerisch genug. Die aktuelle „taz“-Chefin Ines Pohl lobte die gesellschaftskritische Dimension des Stücks über die Europa-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin. Elisabeth Binder

Die vollständige Rede von Klaus Staeck zum Nachlesen unter www.tagesspiegel.de/medien-news

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