zum Hauptinhalt

Medien: Beeindruckend

Die rollende Apotheke. ARD.

Die rollende Apotheke. ARD. Die eindrucksvollsten Szenen liefen gegen Schluss. Frage aus dem Off: Nur drei der Tour-de-France-Sieger seit 1960 sind offiziell nie mit Doping in Berührung gekommen. Kann man die Tour ohne Doping gewinnen? Schnitt, Jan Ullrich, Tour-Sieger von 1997: „Ich hab’s ja gezeigt“, sagt er, „ich habe nie gedopt.“ Schnitt, der Radprofi David Moncoutie: „Ich habe Zweifel daran, dass man ohne Doping die Tour gewinnen kann.“ Kurz darauf: Lothar Heinrich, Mannschaftsarzt von Ullrichs Team T-Mobile: „Der Großteil der Sportler ist nicht gedopt.“ Schnitt, der Mediziner Stefan Mörsdorf. Man sieht seiner Körpersprache an, dass er sagen will: Das ist Blödsinn, was Heinrich sagt. Aber dann sagt er nur fast hilflos: „Ich weiß es nicht.“

Es gibt keine klaren Beweise für Doping, es gibt nur Zweifel an bestimmten Aussagen, und diese Dokumentation von Hagen Boßdorf und Uli Fritz geht an die Grenze dessen, was journalistisch korrekt als Anklage vertretbar ist. Es war die beeindruckendste Doping-Dokumentation, die wohl jemals in der ARD gelaufen ist. Keine Schönfärberei, kein Aspekt des Problems, das ausgespart wurde. Mediziner, Juristen, Sportärzte, Ex-Dopingsünder, Wissenschaftler, alle kamen zu Wort. Und die Themenpalette umfasste alle relevanten Punkte: von den mangelnden Trainingskontrollen über Gendoping und die Todesfälle im Radsport bis zur Mitverantwortung der Pharmaindustrie. Boßdorf und Fritz haben vernünftigerweise den Radsport-Dopingexperten Ralf Meutgens in ihr Projekt eingebunden. Meutgens hat erheblichen Anteil an der fachlichen Qualität der Dokumentation. Das sehr aufschlussreiche Interview mit dem Anti-Dopingexperten Donati hat er zum Beispiel vermittelt.

Im Grunde genommen waren sogar zu viele Informationen in den Film gepackt. Nichtexperten dürften bei den teilweise abrupten Perspektivwechseln irgendwann verwirrt gewesen sein. Im zweiten Teil des Beitrags ging jene klare Struktur verloren, die den ersten Teil geprägt hatte. Allerdings ist der Film in sehr kurzer Zeit entstanden, da kann es zu handwerklichen Mängeln kommen. Für die Gesamtqualität spielt das eine untergeordnete Rolle. Wirklich schade war nur die Sendezeit kurz vor Mitternacht. Aber vielleicht wird die Dokumentation, aktualisiert, zu einer besseren Zeit wiederholt. Sie hätte es verdient.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false