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Medien: "Berlin ist im Showbusiness Niemandsland"

Beate Wedekinds journalistische Karriere begann 1979 beim Berliner "Abend". Sie war Chefredakteurin der Zeitschriften "Elle", "Bunte", und "Gala".

Beate Wedekinds journalistische Karriere begann 1979 beim Berliner "Abend". Sie war Chefredakteurin der Zeitschriften "Elle", "Bunte", und "Gala". Seit 1997 organisiert sie die Verleihung der "Goldenen Kamera". Die Beate Wedekind GmbH mit Sitz in Berlin Mitte betreut pro Jahr zehn Medien-Großveranstaltungen, in diesem Jahr zum ersten Mal auch das Eröffnungsfest der Berlinale. Zuerst aber kommt morgen die "Goldene Kamera" im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Eine Aufzeichnung zeigt das ZDF am 10. Februar.

Frau Wedekind, schön, Sie so munter zu sehen. Wir hatten befürchtet, Sie würden gerade von den Vorbereitungen zur "Goldenen Kamera" aufgefressen.

Nicht ganz falsch. Könnte durchaus passieren. Vor lauter Begeisterung kann man sich schon auffressen lassen. Aber entweder ist man ein eher weicher Charakter und umarmt die Welt, oder man ist jemand, der sagt, das Ding ziehe ich jetzt durch.

Und? Welcher Charakter sind sie?

Das steht mir doch wohl im Gesicht geschrieben ... Ich bewundere weiche Charaktere. Ich hätte gern deren Geschmeidigkeit, auch im Umgang mit der eigenen Seele. Aber in diesem Business, in dem ich mich hier bewege, kommen Sie nun einmal mit Weichheit nicht immer weiter.

Sie sprachen von Begeisterung. Organisieren Sie eine Veranstaltung wie die "Goldene Kamera" tatsächlich aus Begeisterung für die Sache?

Ja, sicher. Ich liebe Menschen, die etwas aus sich machen. Ich bewundere Menschen, die etwas Herausragendes geschaffen haben. Wenn Sie wie ich aus einer bescheidenen, bürgerlichen Umgebung aus Duisburg kommen, dann ist es vielleicht nicht unbedingt vorhersehbar, dass Sie eines Tages mit Leuten wie dem Miramax-Gründer Harvey Weinstein, einem der Machtmenschen Hollywoods, oder einem Weltstar wie Sean Connery zu tun haben werden.

Wie würden Sie denn ihre Funktion bei der "Goldenen Kamera" beschreiben?

Ich verstehe mich in erster Linie als Dienstleisterin: die Organisation ist ein Teil, der andere Teil, der die Grundlage dafür ist, ist das Konzept, das auch von mir stammt. An dem Produkt "Goldene Kamera" bin ich von A bis Z beteiligt.

Dann sind Sie es auch, die in Wahrheit die Preise verleiht.

Jetzt wollen Sie es aber von mir wissen ... Nein, die Auswahl der Preisträger macht die Redaktions-Jury der "Hörzu", deren Preis die "Goldene Kamera" ja ist. Selbstverständlich mache ich Vorschläge, man steckt ja drin im Geschehen. Und wenn dann so ein Big Name wie zum Beispiel ein Harvey Weinstein oder ein Sydney Pollack in der Stadt sind, die längst eine "Goldene Kamera" verdient hätten, warum sollte so einer dann nicht jetzt den Preis bekommen?

Sie sagen, sie sind Dienstleister. Warum machen Sie nicht etwas Eigenes: ein Beate-Wedekind-Event?

Warten Sie bis September, dann werden auch Sie zur Pressekonferenz gebeten. Starten wird das Unternehmen im Oktober 2003. Aber fragen Sie mich jetzt nichts Konkretes. Auf jeden Fall wird es keine Preisverleihung sein. Es wird ein sehr interessantes Forum nach Berlin kommen. Mehr sage ich nicht.

Hat die "Goldene Kamera" ein besonderes Verhältnis zu Berlin?

Berlin ist seit mehr als 30 Jahren der Standort der Veranstaltung. Der Verleger Axel Springer wollte damit ein Zeichen für die damals gesellschaftlich und geografisch völlig isolierte Stadt setzen. Und so ein prachtvolles Haus wie das Konzerthaus am Gendarmenmarkt, in dem wir jetzt schon seit zehn Jahren trefflich die Stars feiern, finden Sie in ganz Deutschland nicht.

Wird tout Berlin zu bestaunen sein, also Klaus Wowereit und Sabine Christiansen?

Die beiden kommen, klar. Aber die Berliner Gesellschaft besteht mit Sicherheit nicht nur aus diesen beiden. Auch wenn es zurzeit den Anschein haben mag. Wowereit ist ja schon, bevor er Regierender Bürgermeister wurde, gerne auf Parties gegangen, und Sabine Christiansen weiß im Augenblick wohl nicht so richtig, was tun mit ihren freien Abenden. Die Berliner Gesellschaft steht allerdings bei der "Goldenen Kamera" überhaupt nicht im Mittelpunkt. Die Gesellschaft der "Goldenen Kamera", das sind die Stars und die Macher aus Film und Fernsehen.

Sie kennen sich aus in Sachen Gesellschaft. Der Bürgermeister ist ja andauernd in der Presse auf rauschenden Festen zu sehen. Hat die Berliner Gesellschaft endlich das Provinzielle verloren?

Die Partys, die Sie meinen, haben eigentlich überhaupt nichts mit Feiern zu tun. Ihr einziger Sinn ist die bunte PR, am nächsten Tag in der Zeitung aufzutauchen. Glauben Sie doch nicht, dass da etwa gefeiert wird. Ich meine: wirklich gefeiert! Spaß haben, sich miteinander freuen, richtig ausgelassen sein. Öffentlich feiern hat doch auch immer etwas mit sich auf den Präsentierteller stellen zu tun, reine Verkaufe steht oft an erster Stelle.

Und auf den Parties, die Sie organisieren - wie das Fest nach der Verleihung der "Goldenen Kamera" zum Beispiel oder die Eröffnung des Sony Centers im vergangenen Jahr -, wird da richtig gefeiert?

Davon können Sie ausgehen. Da werden Menschen gefeiert, darum geht es mir.

Ist Berlin wirklich so attraktiv, wie immer behauptet wird?

Berlin ist im Showbusiness größtenteils immer noch Niemandsland. Lassen wir Geld sprechen: In Berlin finden Sie niemanden, der für irgendeinen Stargast 250 000 Euro auf den Tisch legen würde, so wie es Privatleute oder Firmen etwa in Paris, New York oder Tokio tun. Das Geld ist einfach in Berlin nicht da. Eine Anastacia oder einen Ricky Martin kriegen wir für die "Goldene Kamera" aber auch ohne Gage, für lau, wie es so schön heißt, weil ein Millionenpublikum den Plattenverkäufen sicher nicht schadet.

Aber einen Mick Jagger kriegen Sie nicht.

Jagger würde vermutlich fragen: "Where is the beef?" Wer 14 Millionen Zuschauer wie bei Gottschalks "Wetten, dass ...?" haben kann, für den sind unsere vielleicht sechs oder sieben Millionen "Goldene Kamera"-Zuschauer nur peanuts.

Wie wichtig ist die "Goldene Kamera"?

Unwichtig. Jedenfalls, wenn man meint, dass alles, was der Unterhaltung dient, per se unwichtig. ist. Wenn man aber meint, so wie ich, dass gute Unterhaltung sogar sehr wichtig ist, dann ist die "Goldene Kamera"-Sendung in der Tat wichtig.

Müssen Sie sich oft dafür verteidigen, die "Goldene Kamera" zu machen?

Ja, gelegentlich, so wie bei Ihnen, da habe ich das Gefühl, mich verteidigen zu müssen. Aber ich verteidige mich gern.

Das können Sie haben: Warum sieht man bei der "Goldenen Kamera" im Fernsehen immer nur glückliche Gesichter, wenn sich doch die Hälfte der 850 geladenen Gäste langweilt?

Das sagen Sie. Aber manche haben wirklich eine merkwürdige Einstellung, sie wollen unbedingt dabei sein und sind dann nicht bereit, etwas zu geben, zum Beispiel gute Laune.

Gibt es denn etwas, von dem Sie glauben, dass Sie sich nicht dafür verteidigen müssen?

Haben Sie doch Geduld. Wenigstens bis September.

Frau Wedekind[Sie so munter zu sehen.], schön[Sie so munter zu sehen.]

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