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''Berliner Zeitung'': Böhme: „Ich wollte nicht schnüffeln“

Unter dem früheren Herausgeber der "Berliner Zeitung" Erich Böhme mussten zwei stellvertretende Chefredakteureund ein ehemaliger Stasi-Offizier gehen. Die Akten wollte Böhme nicht öffnen.

Wenn sich heute die Redakteure der „Berliner Zeitung“ zur Konferenz treffen, haben sie drei Gäste in ihren Reihen. Rechtsanwalt Johannes Weberling will ihnen zusammen mit zwei Wissenschaftlern von der Europa-Universität Viadrina aus Frankfurt (Oder) das Forschungsprojekt vorstellen, mit dem im Auftrag von Chefredakteur Josef Depenbrock die Stasi-Verwicklungen der Zeitung untersucht werden sollen – ein Projekt, das der ehemalige Herausgeber Erich Böhme skeptisch beurteilt. Noch heute hält er es für richtig, den Mitarbeitern nicht „hinterher geschnüffelt“ zu haben, als er 1990 für vier Jahre Herausgeber des ehemaligen SED-Blattes wurde. „Ich wollte keine Akten öffnen, denn damit hätte ich den Kalten Krieg von Neuem begonnen“, sagte Böhme. „Ich habe erklärt, dass hier freiheitlich demokratischer Journalismus gemacht wird und wem das nicht passt, der könne gehen.“ Zwei stellvertretende Chefredakteure, die zu eng mit dem SED-System verbunden waren, und ein ehemaliger Stasi-Offizier hätten die „Berliner Zeitung“ verlassen müssen.

Böhme findet es „albern“, dass die Mehrheit der Redaktionsmitglieder jetzt selbst ihre Akten auf den Tisch legen will, um so wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen, nachdem kürzlich die Stasi-Vergangenheit des leitenden Redakteurs Thomas Leinkauf und des stellvertretenden Politikchefs bekannt wurde. Zu einem solchen Schritt hätten die Mitarbeiter der „Berliner Zeitung“ schließlich 18 Jahre Zeit gehabt, sagte Böhme.

Die Redakteure selbst haben noch nicht beschlossen, ob sie ihre Akten den Wissenschaftlern freiwillig zur Verfügung stellen. Doch nachdem die renommierten Forscher der Freien Universität Berlin Zweifel an Weberlings Projekt äußerten und sich nicht daran beteiligen wollen, dürfte eine solche Kooperation schwierig werden. Weberling will heute für die Zusammenarbeit werben. „Wir nennen am Ende der Untersuchung keine Namen, außer die der Täter“, sagte er. Und das seien ehemalige Stasi-Spitzel. Erich Böhme ist sich dagegen sicher: „Die Redakteure der ,Berliner Zeitung’ sind keine Verbrecher.“ sop

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