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Medien: Berlusconi vs. Arte

Regierungschef will Ausstrahlung seines Porträts verhindern

„Silvio Berlusconi scheint jeden Sinn für die Realität verloren zu haben.“ Mit diesen Worten kommentierte Beniamino Placido, Medienexperte der Tageszeitung „La Repubblica“, den jüngsten Vorstoß des italienischen Ministerpräsidenten in Sachen Arte. Da hatte sich der deutsch-französische Kulturkanal doch tatsächlich erlaubt, am Dienstag vergangener Woche um 20 Uhr 40 einen Themenabend zu Italien auszustrahlen. Eine der drei Filmreportagen hatte den Medienzaren und Regierungschef zum Thema. Der Film gefiel Berlusconi in keiner Weise. Angesichts der Tatsache, dass Arte die Reportage des Filmemachers Michael Busse am 23. Dezember um 14 Uhr 30 wiederholen wird, sah sich Berlusconi zum Handeln gezwungen.

Wie „La Repubblica“ berichtet, habe sich der Ministerpräsident direkt an den französischen Premierminister Jean Pierre Raffarin gewandt. Berlusconi habe versucht, seinen französischen Kollegen davon zu überzeugen, dass eine zweite Ausstrahlung verhindert werden müsse. „Der denkt wohl, dass es in Frankreich wie bei uns in Italien zugeht, wo ein Regierungschef die Medien nach Gutdünken kontrolliert“, sagte Massimo d’Alema, Präsident der oppositionellen Linksdemokraten, DS. Berlusconi soll, so der namentlich nicht gezeichnete Artikel in „La Repubblica“, keine direkte Antwort von Raffarin erhalten haben. Eine Nachfrage in der Pariser Redaktion von Arte löste Staunen aus. Von einer Intervention Berlusconis beim französischen Premier hatten die Verantwortlichen nichts mitbekommen. Ein Sprecher der italienischen Regierung sagte, dass der Ministerpräsident davon ausgehe, dass Arte die Reportage aus dem Programm streichen wird.

Busses Film zeichnet sich durch keine besonders aggressive Interpretation von Berlusconis Politik aus. Die Tageszeitung „L’Humanité“ kritisierte die Reportage als „viel zu soft“. Busse kommt auf Berlusconis verschiedene Gesetzesprojekte der letzten Monate zu sprechen. Nur eine Szene könnte als polemisch verstanden werden. Zu sehen ist der Ministerpräsident, wie er sich von seinem Schneider einkleiden lässt. Eine Anspielung auf einen Politiker, der sich Gesetze nach Maß schneidern lässt. Arte ließ durch einen Sprecher wissen, dass man sich von niemandem einschüchtern lassen werde. Der Film über Berlusconi wird wie geplant ein zweites Mal ausgestrahlt.

Thomas MiggE[Rom]

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