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Bestseller-TV: Ihr Auftrag, Kalle Blomkvist!

Mit „Verblendung“ startet die sechsteilige „Millennium“-Reihe im ZDF nach den Romanen von Stieg Larsson.

Was geschah am 22. September 1966 auf der schwedischen Insel Hedestad? Auf diese Frage gibt die TV-Fassung von Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie eine nicht weniger als dreistündige Antwort, fast eine Stunde mehr als im Kino. Allein in Deutschland haben sechseinhalb Millionen Leser und mehr als 700 000 Kinobesucher den Journalisten Mikael Blomkvist und die schwarzgewandete Computer-Hackerin Lisbeth Salander bei ihren voltenreichen Bemühungen begleitet, den Verbleib von Harriet Vanger im ersten Teil der Trilogie zu ermitteln.

An jenem Septembertag 1966 war die damals 16-Jährige nach einem Festumzug spurlos verschwunden. Seitdem erhält ihr Onkel Henrik zu jedem Wiegenfest eine gepresste Blume in einem Bilderrahmen, abgeschickt aus allen Winkeln der Erde. Zu seinem 82. Geburtstag trifft ein Blumen-Päckchen aus Hong Kong ein. Nun will Henrik Vanger (Sven-Bertil Taube) handeln, bevor es zu spät ist: Mikael „Kalle“ Blomkvist, Starautor des Magazins „Millennium“, soll Harriet endlich finden – oder ihren Mörder.

Da trifft es sich gut, dass sich der für seine Sturheit berüchtigte Blomkvist gerade in einer Schreibkrise befindet. „Ich wäre froh, wenn mehr Journalisten so wären wie Larsson und Blomqvist“, meint Hauptdarsteller Michael Nyqvist über seine Filmfigur Mikael Blomkvist, die er als „Western Man“ angelegt hat: „Das ist ein bisschen wie Wallraff, nur ohne sich als jemand anderes zu verkleiden. In Schweden hatten wir einige investigative Magazine in den Siebzigern, aber leider liest die heute fast niemand mehr.“

Ein ähnliches Schicksal droht auch „Millennium“, mit dessen attraktiver Herausgeberin Erika Berger (Lena Endre) Nykvist eine lockere Affäre unterhält. Außerdem steht er vor einer dreimonatigen Haftstrafe, da er den Großindustriellen Wennerström in einer Titelgeschichte zu Unrecht beschuldigt haben soll, staatliche Fördergelder für Waffengeschäfte usurpiert zu haben. Ein Mann in einer Lebenskrise also.Da kommt Henrik Vangers Auftrag, zu ihm auf die verschneite Insel zu ziehen, um Harriets Verschwinden aufzuklären, eigentlich gerade recht. Doch der linke Moralist Blomqvist nimmt das Angebot des alten reichen Mannes nur widerstrebend an. Aus „dreißig habgierigen und kleinlichen Menschen“ besteht der Clan der Vangers laut Henrik Vanger: „Sie wissen nicht, wozu meine Familie imstande ist.“

Dass die Familie der Hort des Bösen ist, zieht sich als These durch den gesamten Sechsteiler. Die „Millennium“-Reihe verbindet das übliche Schwedenkrimi-Hellgrau mit einem gerüttelt Maß an Brutalität und alttestamentarischer Wucht. Besonders drastisch bekommt das Lisbeth Salander zu spüren, der Noomi Rapace die Aura des nervösen Lebenskampfes verleiht. Da die 24-Jährige zuvor in der Psychiatrie war, ist sie einem Vormund unterstellt. Als dieser plötzlich schwer erkrankt, nimmt ein schmieriger Anwalt seine Stelle ein. Er sperrt Lisbeths Konto, um sie sich sexuell gefügig zu machen und brutal zu vergewaltigen. In ihrer Verzweiflung und Wut erinnert sich die Ausnahme-Informatikerin und freie Mitarbeiterin einer Detektei an Mikael Blomkvist, dessen Prozess sie beobachtet hat. Lisbeth gelingt es, sich in Mikaels Computer einzuhacken. Als sie ihm einen entscheidenden Hinweis für seine Suche nach Harriet mailt, steht der gemeinsamen Ermittlungsarbeit dieser so unterschiedlichen wie reizvollen Charaktere nichts mehr im Wege. Dass die beiden mit Stift, Handy und Computer die Gesellschaft auf den Kopf stellen, hat für Michael Nyqvist einen „besonderen anarchistischen Reiz“.

Die verantwortlichen ZDF-Redakteure Klaus Bassiner und Wolfgang Feindt sind stolz auf ihre Koproduktion mit dem schwedischen Sender SVT. Die sechsteilige „Millennium“-Fernsehfassung in der Regie von Niels Arden Oplev („Verblendung“) und Daniel Alfredson („Verdammnis“ und „Vergebung“) zeigt jeden Roman in zwei Teilen und ist damit wesentlich ausführlicher und originalgetreuer als die Kinoversion, die letztes Jahr zu sehen war.

Charakteristisch für den Sendeplatz am Sonntag um 22 Uhr ist dessen enge Anbindung an den Krimi-Buchmarkt und eine gewisse „Nordisch by nature“-Ausrichtung nach Skandinavien und Großbritannien. Als nächstes stehen Verfilmungen von Arne Dahl und des Schweizers Martin Suter an. Der Journalist und Romancier Stieg Larsson starb 2004 mit fünfzig Jahren an einem Herzinfarkt, kurz bevor „Millennium“ seinen Siegeszug antrat. Martin Uhrmeisters Dokumentation „Die Stieg Larsson Story“ porträtiert den Idealisten aus dem nordschwedischen Umeá im Anschluss an den ersten Teil von „Verblendung“.

„Millenium – Verblendung“, Teil 1, Sonntag, 22 Uhr, Teil 2, 30. Januar, um 22 Uhr

„Die Stieg Larsson Story“, Sonntag, 23 Uhr 30

„Verdammnis“, 6. und 13. Februar, „Vergebung“, 20. und 27. Februar, alles ZDF

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